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Aufgegabelt und aufgetischt

KOLMER Lothar.   

I)

1.
Wir waren Bergwandern in Bayern, an einem luftigen Sonntagmorgen, in frühsommerlicher Landschaft. Wir kamen zur ersten Berghütte, noch zu früh zum Essen, obwohl sich die aufgestellten Tafeln im Weg aufdrängten: „Pangasiusfilet € 8.50." Bei der zweiten Hütte war's dann zeitlich und hungergefühlig passend, wieder die unvermeidlichen Tafeln, darauf ein „Fischfilet mit Salat" für € 7.90. Den umtriebig sausenden Wirt in der kurzen Lederhose konnte ich - nach seiner knappen Primärfrage: „Was wollt's trinken?" - noch schnell fragen, was das für ein Fisch sei? „Pangasius, aus Thailand, Zucht - wegen dem Umweltschutz!" Unsere füllige Tischnachbarin fügte ob des Gehörten noch dazu: „Esse ich gerne, der schmeckt nicht so nach Fisch." Einmal aufmerksam geworden, sieht man jetzt eine Pangasiusflut hereinschwappen. Der Fisch muss im Handel enorm billig sein ...

2.
Meine Frau bestellte Kaffee - „Da gibt's nur a Haferl" -, dazu ein Stück Käse-Sahne-Torte „selber g'macht", auf Österreichisch also einen Topfenkuchen. Es kam dieses - und nährte uns beide. Es war selbstgemacht und wirklich ordentlich. Die Portionsgröße entsprach dem, was ringsum auch sonst serviert wurde: XXL! Der Nährwert entsprechend. Der Preis vergleichsweise niedrig. Meine Frau meinte, leicht ironisch übertreibend: da gingen ca. fünf Demel-Stücke hinein, zum Preis von nicht einmal einem.

3.
Das Publikum auf Berghütten sieht recht unterschiedlich aus. Wenn auf dieser der Anteil der Übergewichtigen übergewichtet war, kennt man des Pudels Kern aus Erfahrung. Wörtlich! Meist genügt ein Blick hinters Haus, wo sich ein Parkplatz findet ... Wie gut erinnere ich mich noch früherer Zeiten, wo man in Ost-/Südtirol mühsam emporstrebte, um dann ziemlich weit oben eine Kehre queren zu müssen, eingehüllt in dichten Staub und oben all die Autos, daneben die picknickenden Italiener; aber ich kenn das auch aus Österreich und ... nur dann ganz oben, da ist man praktisch allein.

 

4.
XXL erklärt sich leicht. Alle haben das Gefühl, da und sonstwo oben, etwas geleistet zu haben und dafür eine Belohnung zu verdienen. Die Wirte verteilen sie großzügig. Vor allem in Bayern sind meist die Portionen XXL. Dass Deutschland niedrige Lebensmittelpreise und die meisten Dicken hat ...

II)

Wir waren zu Gast bei einem - konventionell wirtschaftenden - Milchbauern. Unausweichlich die Diskussion über den Milchpreis, dessen Tiefe, das Los & Schicksal der Bauern. Aufgetischt wurde Eis aus einer großen Plastikpackung.

Das essen wir so gerne ...

Habt ihr einmal angeschaut, woraus das Eis ist ...? Seit dem letzten „Milchkrieg" verwenden viele Eisproduzenten Ersatzstoffe statt Milch!

Tatsächlich?

Ein Blick auf das viele Kleingedruckte.

Wirklich! Aber - wo sollen wir hier überhaupt noch Eis aus Milch herbekommen?

Selber machen?

Wo wir eh schon so viel Arbeit haben mit der Milch und so ...

Wie wärs mit Bio?!

Bio!! Bei uns auf dem Land, da wüsst' ich nicht, wo's das gibt! Und Bio!! Konventionell schmeckt genauso gut und ist auch so gut! Und die Preise! Wir müssen beim Einkaufen auch auf den Preis schauen, uns geht's nicht so gut ...

 

Notwendiger Nachsatz:

Bei einem Eistest, so stand in der Zeitung zu lesen, wurden auch in Bio-Eissorten „natürliche Aromen" gefunden, die u. E. nicht da hinein gehören!

 

Käse Sahne Torte