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WURMDOBLER Christopher: Kaffeehäuser in Wien. Ein Führer durch eine Wiener Institution. Klassiker, moderne Cafés, Konditoreien, Coffeeshops. Falter Verlag, Wien 2005.

HUBER Bernhard.   

„Gemma auf an Kaffee?" - die Wiener Kaffeehäuser von A(dam) bis Z(artl)

Zeitungen knistern, Mokkaduft erfüllt den Raum, Kaffeemaschinen surren, klickende Billardkugeln rollen in ein Loch, Spielkarten klatschen auf den filzbezogenen Tischen, Ober mit klirrenden Gläsern und scheppernden Tellern eilen zwischen den Tischen hindurch - eine eigene Atmosphäre herrscht in dieser für Wien schon zum Symbol gewordenen Institution: dem Kaffeehaus. Wurmdobler versucht in seinem umfassenden Führer, diese klassische gesellschaftliche Drehscheibe der Wiener vorzustellen, und tritt dabei nicht nur einen beschreibenden Gang durch die Lokale an, vielmehr lässt er die Atmosphären und Eindrücke auf sich wirken und zeichnet sie nach. Auffallend sind seine bemühten Austriazismen und Wiener Sprüche, die ansonsten mit seinen bundesdeutschen Einschüben konterkarieren. Durchaus spielt er dabei mit Klischees, die er jedoch vielerorts bestätigt findet. Was nicht so einen Kaffeehausbesuch ausmacht! Ob Kegeln im Korb, die angegrauten Kartenspielerrunden im Ritter und im Goldengel, Billard im Weingartner oder im Carambol - es gibt sie noch, die Stammgäste und passionierten Besucher, die nicht allein des Kaffees wegen kommen.

Wodurch zeichnet sich das Wiener Kaffeehaus aus? Worin hebt es sich von anderen ab? Was sind seine Charakteristika, wer seine vornehmlichen Besucher? All dem wird lebensnah nachgegangen, in vielen Schattierungen von hellbeige bis schwarz zeigt sich der Wiener Kaffee. Die zuhauf vorhandenen Zeitungen, das obligate „Wasserglasl" mit dem gewendeten kleinen Löffel, die marmornen Tische, die ausgesessenen Polstermöbel, die Wandspiegel; was sonst könnte deutlicher diesen typisch wienerischen Ort beschreiben? Über allem aber thronte „König" Eduard III., bis September 2005 Inhaber des Cafés Drechsler, gleichsam als Personifikation der traditionsreichen Kaffeehausgeschichte.

Viele Kaffees müssten getrunken und viele Kuchen gegessen werden, um annähernd die vorgestellten Cafés besuchen zu können. Für jeden Wienbesucher ist etwas dabei! Von glanzvollen wie dem Sacher, dem Central, dem Imperial, von schmucken wie dem Am Heumarkt oder dem Diglas, von traditionellen wie dem Schottenring, eleganten wie dem Weimar, klassischen wie dem Hawelka, literarischen wie dem Kafka oder zeitlosen wie dem Eiles; jedes für sich ein Wiener Unikat!

Da die Kaffeehausmoderne auch in Wien Einzug gehalten hat, werden auch die erwähnt, die coffee to go und Espresso anbieten. Eine Auswahl an Konditoreien und Röstereien lässt uns an den Grund der Kaffeeschale gelangen. Eine Bohne macht zwar noch keine Stadt, doch begründete sie einen wesentlichen Teil ihres Rufes. Was wird die Zukunft bringen? Dazu Wurmdobler selbst (p. 29):

„Es gibt sie noch, die Wiener Kaffeehäuser. Ob das so bleibt, hängt auch davon ab, was sie den Besuchern bieten <...> einen Kaffee, der nicht nach Abwaschwasser schmeckt, Zeitungen aus aller Welt und ein Ambiente, in dem Authentizität und das pralle Leben wichtiger sind als eine Kulisse, auf die maximal japanische Touristen hereinfallen. Auf geht's! Ins Kaffeehaus!"

 

WURMDOBLER Christopher: Kaffeehäuser in Wien. Ein Führer durch eine Wiener Institution.