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Land der Gänse und Gärten (SN 23.7.2011)

Lothar KOLMER.   

(Dordogne - Perigord)

Als wir am späteren Nachmittag zum Chateau de St.-Geniès kamen, war das mächtige Eingangstor fest verriegelt. Das per Schild geforderte heftige Klopfen rief niemanden hervor, außer den freundlichen Dorfhund, der sich unser annahm und zu einer Besichtigungsrunde aufforderte. Wir folgten ihm durch einige krumme Gassen und landeten vor einer Bar. Dann ging es weiter in den alten Friedhof, wo uns der Hund sein Knochendepot zeigte  (und ich ihm vom Abendessen einen neuen versprach), um die verschlossene Kirche herum, durch eine kleine offene Pforte - und wir standen im Innenhof. Wir warteten zusammen, bis mit einem Mal das Chateau zu Leben erwachte.

Man darf sich so ein Château nicht immer wie eines der Loire-Schlösser vorstellen, es kann auch ein altes Steinhaus sein, oder wie hier eine kleine, restaurierte mittelalterliche Burg. In die war mit viel Geschmack ein Restaurant mit Weinkeller, ein Hotel mit großzügigen Zimmern eingebaut worden. Die Küche pflegte einen etwas italienisch angehauchten Stil, mit Parmesan und Balsamico („Knochen" war leider aus!). Die Weine kamen überwiegend aus der Region. Ähnliches gilt auch für das Chateau des Reynats, mit Zimmern im modernen Annex und dem Sternerestaurant im Schloss-Kasten aus dem 19. Jahrhundert. Die Küchenbrigade unter Meister Haberland verzichtet zwar nicht auf die foie gras (Gänse-fett-leber), fährt aber dann witzige Interpretationen und Kombinationen auf, Spargel mit Himbeerpürre etwa, mit passenden Weinen von einem gut aufgelegten Sommelier abgestimmt.

Es wundert einen durchaus nicht, wenn man plötzlich vor einem Gänse-Denkmal steht. Im Mittelpunkt der Kulinarik steht - dort unumstritten - die Gänsestopfleber. Man serviert sie morgens zum Frühstück und abends als eine Art Eis-Dessert. Den Rest von der Gans gibt es als gut durchgebratene Keule oder als „confit" - im eigenen Fett „eingemacht", auch in Dosen aller Größen. Ebenso verfährt man mit den Enten. Deren blutige Brust jedoch kommt nur sehr kurz angebraten auf den Teller. Das ist kulinarisches Erbe, ein Pfeiler der traditionellen französischen Küche, wie auch die eher rohen „Falschen Filets" vom Rind, oft genug äußerst zäh, gewöhnlich mit Pommes. Mehr oder weniger wertige Teile vom Lamm werden aufgetragen, auch gut durchgebratene Forellen. Als Beilage sind die Baguettes vorgesehen, doch die stammen oft genug aus Fabriken; die Croissants werden gerne aufgebacken, schmecken dann fettig, seifig. Salat kommt selten vor und das Dessert eher einfach daher - als Erdbeeren mit Sahne, weil gerade deren Saison war. Deswegen gab es auch keine Trüffel, eine besondere regionale Spezialität.

In der Vorsaison zu reisen ist angenehm. Zimmer gibt es ohne große Vorreservierung, ab 60 €. in den Landhotels von Logis de France, die man sich aber vorher ansehen sollte. Dazu kommen die Chambres d'hote, oft mit individuellem Charme in einem Privathaus, wo man abends mit den Gastgebern bei einem Glas Wein zusammensitzt und sich ganz zuhause fühlt. Die luxuriöse Spitze, auch vom Preis her, bilden die Relais et Châteaux, von ca. 100 - 500 €. (alle Infos im internet ).

Eine Region wie die Dorgogne bietet für alle etwas. Das Zentrum der Prähistorie, mit der Grotte von Lascaux und ihren Höhlenmalereien, mittelalterliche Städte, Burgen, Schlösser und bemerkenswerte Gärten. Die Gartenlust bringt momentan Milliardenumsätze. Wer sich für den seinen ein wenig inspirieren lassen will, ist in der Gegend richtig. Denn all diese Gärten sind jüngeren Datums. Im viertürmigen Schloss von Hautefort, hoch oben auf einem Plateau, wurden Anlagen im geometrischen französischen Stil neu angelegt, das Schloss brannte leider 1968 ab und wurde restauriert. Im an sich leeren Chateau von Losse sprang man äußerlich auf den Gartenzug auf. Die volle Pracht bietet Eyrignac. Die Besitzerfamilie lebt seit vielen Generationen in einem relativ schlichten Landhaus, bis dann die vorige ab 1960 begann, mit viel Phantasie auf der Basis der klassischen Parks den ihren komplett neu anzulegen. Es gibt mehrere längere Alleen, eine mit streng geschnittenen Hainbuchen, ein weißes Rosenrondel mit Ausblick übers Land, ein verschwiegenes Bassin mit kleinem Turm, die alte Kapelle, zu mieten für Heiraten und Taufen, dazu ein Restaurant mit enormer Kapazität und ein Bistro zur Erholung vom Rundgang; für eilige auch einen Flugplatz. Der Garten ist das ganze Jahr über geöffnet.

Nicht weit davon entfernt grünen die „hängenden Gärten von Marqueyssac". Hängend deswegen, weil sie oberhalb der Dordogne liegen und einen wunderbaren Ausblick auf das Tal mit dem hineingeschmiegten Dorf La Roque-Gageac bieten und auf der anderen Seite ragen zwei große Burgen in der Landschaft auf. Der Garten geht auf den Italienaufenthalt seines Besitzers aus dem 19. Jahrhundert zurück, der Tausende von Buchsbäumen pflanzen und sich auf dem Gipfelgrat eine ebene Reitbahn planieren ließ, jetzt eine lange, schattige Allee. Endlose Landschaften und Figuren in und aus dem Buchs geschnitten beschäftigen eine ganze Mannschaft mit der Pflege. Kilometerweit kann man durch den Garten laufen und landet dann im Bistro, aus dem man gar nicht mehr wegmöchte so weit und luftig ist der Ausblick. Aber dann locken doch die Orte am oder über dem Fluss wie Domme, gerade bedröhnt von den musealen Jaguars britischer Besucher oder die schon erwähnten Burgen.

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Garten Dordogne