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HERZOG Hal: Wir streicheln und wir essen sie. Unser paradoxes Verhältnis zu Tieren. Carl Hanser Verlag, München 2012

Lothar KOLMER.   

Es ist wirklich, wie der Umschlag sagt, „ein Parforceritt durch das ethische Mienenfeld der Menschen- Tierbeziehungen." Ob man allerdings „nach der Lektüre diese Buches" nicht nur anders über Tiere, sondern auch über sich selbst denkt, bleibt die Frage. Der Autor ist Mitbegründer der sogenannten „Anthrozoologie" und Experte für Mensch- Tier- Beziehungen. Das Buch ist in der genreüblichen amerikanischen Schreibweise verfasst, wo zahlreiche nette kleine Geschichten für Abwechslung, Spaß, Unterhaltung sorgen und als Beispiele für bestimmte Aussagen dienen. Das Buch räumt mit etlichen Irrtümern auf, so seien Delphine keine guten Therapeuten, sondern leiden unter diesen Aufgaben, die eher dazu dienen, entsprechende Aquarien zu finanzieren. Menschen sehen nicht unbedingt wie ihre Hunde aus, vor allem wenn sie Promenadenmischungen haben. Die Unterschiede zwischen Hunde und Katzen sind geringer als man annimmt, aus Kindern, die Tiere quälen, werden nicht unbedingt gewalttätige Menschen. Wenn wir Tiere nicht mögen oder Angst haben, dann kommt das wesentlich durch Sozialisationseffekte zustande. Das größte Kapitel widmet sich der Beziehung Mensch - Hund. Hundebesitzer bekommen hier schöne Aufschlüsse. Ein ähnliches Kapitel über Katzen fehlt. Diskutiert werden weiterhin Tierversuche und die Muster und die Grundlagen des Fleischkonsums. Herzog kommt auf einen gewissen Irrsinn zu sprechen, wenn in den USA Hahnenkämpfe verboten werden, nicht aber die riesigen Hühnerzuchtanstalten. Der Hahn kann seinen Kampf überleben, das potentielle Brathuhn verliert ihn auf jeden Fall. Aber Hahnenkämpfe schauen grausam aus und sind ein Spektakel für die Unterschichten, ein Verbot fällt darum leichter. Die alte Frage nach den Tabus wird ebenfalls behandelt: es hängt davon ab, wie weit entfernt oder nah uns ein Tier ist.

Die grundlegende Erkenntnis: wer mit Tieren zu tun hat, kann sich weder auf Verstand noch auf sein Herz verlassen. Wir sind inkonsequent und irrational, das erweist sich auch bei der Ernährung von Vegetariern, Umfragen zeigen, dass 2/3 die sich so bezeichnen, sich nicht konsequent ernährten. Es ist ein unterhaltsames, kurzweiliges Buch mit vielen Informationen, das manche Vorurteile und Vorannahmen, aber auch Falschmeinungen revidieren kann. Die vorhandenen Widersprüche seien „nicht anormal", hätten weder mit Scheinheiligkeit und Heuchelei tun, sondern seien menschlich.

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HERZOG Hal: Wir streicheln und wir essen sie. Unser paradoxes Verhältnis zu Tieren. Carl Hanser Verlag, München 2012