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ZUBROD Ilona u. GOLDMANN Melanie: Hier kocht die Frau! Von Kaltmamsellen und Küchenchefinnen. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2013

Martina RAUCHENZAUNER.   

Mit dem Werk „Hier kocht die Frau!" von Ilona Zubrod und Melanie Goldmann soll nun die Frauenwelt das Zepter in der haute cuisine übernehmen. Die Autorinnen vermitteln den steinigen Weg des weiblichen Geschlechts in der hart umkämpften Männerwelt der Spitzenküche seit dem 19. Jahrhundert. Am Beginn werden die entsprechenden Kochbuch-Bestseller, von Henriette Davidis, Katharina Prato und Hedwig Heyl etc. aufgelistet und die Verfasserinnen mit einer kurzen Biographie vorgestellt. Als wesentliche Motivation für die Entstehung dieser Kochbücher werden das Wahrgenommene nicht Beherrschen der Kochkunst und das fehlende Wissen, einen Haushalt zu führen, genannt. Um diesen Negativ-Trend aufzuhalten, versuchte man mit kleinen, funktionierenden Puppenküchen und speziellen Puppenküchen-Kochbüchern kleinen Mädchen bereits die harte Arbeit in der Küche schmackhaft zu machen. Bis sich Frauen tatsächlich hohe Positionen in der Spitzengastronomie erkämpften, dauerte es aber noch. Heute sind Powerfrauen wie etwa Johanna Maier, Cornelia Poletto oder Sarah Wiener hinter dem beruflichen Herd keine Ausnahmen mehr und sind auch im Internet, durch eine eigene Produktlinie sowie Kochbücher präsent. Dennoch kann nicht von einer Gleichstellung der Frau in der Spitzengastronomie gesprochen werden, da mit 6% der Frauenanteil besonders niedrig ist.

 

Ab dem 19. Jahrhundert gibt es eine Flut an Kochbüchern von Frauen, was sich bis heute nicht gelegt hat. Ilona Zubrod und Melanie Goldmann schlagen in ihrem Buch eine Schneise in den Kochbuch-Wald und zeigen die einflussreichsten Werke auf, wodurch die Geschichte des Kochbuches seit dieser Zeit in groben Zügen dargelegt wird. Spannend zu verfolgen ist auch der gesellschaftliche und zeitliche Wandel und deren Auswirkungen auf das Rollenbild der Frau sowie auf deren Rezepte und Kochbücher.

Wer unter dem Titel „Hier kocht die Frau! Von Kaltmamsellen und Küchenchefinnen" lediglich die Vorgänger von Sarah Wiener und Co. erwartet, wird etwas in die Irre geführt. Es geht nicht nur um Berufsköchinnen, sondern auch um Kochbuchautorinnen (die nicht immer mit ersteren ident sind) und um die Herausbildung von Hauswirtschafts- und Kochschulen. Als Manko sind die fehlenden Literaturverweise bzw. die fehlende Auswahl der verwendeten Literatur anzumerken. Etwas unglücklich ist auch die Bildauswahl. So findet sich auf der Seite 55 „Hauswirtschaft in Österreich" (obwohl man vor 1918/19 eigentlich nicht von einem Österreich im heutigen Sinne sprechen kann) ein Bild von einem Kochunterricht in einem Gymnasium im „amerikanischen Maryland". Deplatziert ist die folgende Passage: „Und wenn man sich die zierliche Powerfrau mit dem bezaubernden Lächeln anschaut, inzwischen 65 Jahre alt, knapp 40 Kilo leicht und mit Kleidergröße 32/34, ..." Was sagen Alter, Gewicht und Kleidergröße einer Köchin über die Qualität ihrer Kochkunst aus?

Am Ende des Buches werden noch einige Promi-Kochbücher äußerst knapp vorgestellt, wobei der Leser sich fragen könnte, was haben Superstars wie Gwyneth Paltrow und Alicia Silverstone mit Johanna Maier oder Henriette Davidis gemeinsam? Während letztere durch ihr Kochen bzw. ihr Kochbuch berühmt wurden, erscheint bei ersteren die Hinwendung zum Thema kochen als modische Selbstvermarktung, wie das Designen von Kleidung und Düften.

Das Buch „Hier kocht die Frau", bietet einige interessante Informationen über die Entwicklung der Stellung der Frau in Bezug auf Küchen und Ernährung. Da sehr viele unterschiedliche Themen und eine lange Zeitperiode betrachtet werden, sind manche Themen sehr kurz abgefasst, wo man sich mehr wünschen würde. Jedoch zeigt die große Varianz an Themen, wie breit das Thema Frauen und Kochen ist, der Untertitel ist in diesem Zusammenhang leicht irreführend.

RezHierKochtFrau (27k)

Link zum Verlag

ZUBROD Ilona u. GOLDMANN Melanie: Hier kocht die Frau! Von Kaltmamsellen und Küchenchefinnen. Gerstenberg Verlag, Hildesheim 2013