Logo Epikur - Journal für Gastrosophie
Zentrum für Gastrosophie Impressum

Licht und Schatten der Provence (SN 6.8.11)

Lothar KOLMER.   

Das berühmte Licht der Provence sah ich nicht gleich. Es mag an der eingestaubten Windschutzscheibe, der dunklen Sonnenbrille und den Rauchschleiern der Feuerchen gelegen haben, in denen sie hier mancherlei verbrennen. Aber immerhin am Abend leuchteten die Felsen ihr rostliches Rot, duftete die Luft süßlich nach Jasmin, wehte eine leichte Brise vom Meer her.

Es gibt Regeln, die man weder mutwillig noch unbedacht übertreten sollte. Die Küsten-Gegenden sind an Wochenenden und zur Hauptreisezeit (Juli, August) zu meiden. Vor Cassis biss sich eine Autoschlange in den Schwanz: alles wegen Überfüllung gesperrt. Der Ort ist klein; der Hafen liegt, was man gewöhnlich malerisch nennt, im Halbkreise in der Bucht, hinten ragen hohe Klippen empor, zu denen man rauf fahren und dann schön runter sehen kann und über die ganze Küstenlinie hin, im speziellen Lichte. Um das Hafenbecken ziehen die bunten Häuser, mit der obligaten Bausünde links... Hier bewegt sich alles hin und her und in die unzähligen Restaurants, die die Massen abfertigen. Viel Volk ist aus Marseille herübergekommen, was man auch aus der Menge der prominent geparkten Luxuskarossen deutscher Produktion entnehmen kann.

Cassis war sozusagen die Mittelstation und man kann sich überlegen, ob man in Arles anfängt oder aufhört. Bei uns ging es sehr gut im „Maison du Vin" in Les Arcs los, das liegt, so kann man sagen, im Hinterland von St. Tropez. In dieser regionalen Vinothek lagern ziemlich alle Weine der „Cotes de Provence", erklärt von fachkundigen Sommeliers und serviert mit auf die Weine perfekt abgestimmten Menüs (Suppe mit Koriander und Langusten, Fisch mit gebratenem Mark auf Brotstreifen, Kirschrolle mit Paprika geliert).

Wir erfuhren dort, dass auf 27 000 ha. ca. 170 Million Flaschen oder ca. 7 Million hl. pro Jahr hergestellt werden, was 40% der französischen und 8% der weltweiten Roséproduktion ausmacht. Schon die alten Griechen haben ihn erzeugt. Wer noch eine solide Ausbildung in der Sprache erfuhr, der wird ihn eher der „rosenfingrigen Morgenröte" als dem „nuancierten Sonnenuntergang" zuordnen - wie die dortige Werbepoesie. Es gibt an die 700 Hersteller, die mehrere Rebsorten in unterschiedlichen Farbspielen abfüllen. Es ist ein leichter, fruchtiger, aromatischer Wein, den man zu fast allen Gerichten und fast allen Küchenlinien, bis zur indischen, thailändischen, französischen genießen kann und am besten bei ca. 10°. Die Preise liegen meist über 10 € pro Bouteille.

Die Größen der Domänen schwanken. Das Château du Rouet gehört zu den mittleren und die eingeheiratete Österreicherin Barbara Beaulieu präsentiert mit Esprit ihre prämierten Weine und die mietbaren Zimmer im originalen Herrenhaus aus dem 19. Jahrhundert, ideal um mit Freunden zu kochen und zu feiern. Ihr Wunsch, die Flaschen im Meinl am Graben zu verkaufen, wird auch noch in Erfüllung gehen. Einige Kilometer weiter, wieder anders die Domäne Gavaisson, ein kleiner Kanal, ums Haus eine Wiese mit Schafen und einem Esel, darum die Weinfelder des Blanc des Blancs, so stilvoll und elegant wie die Besitzerin - aus Seefeld. Es läge nahe, soziologische Forschungen über die Heiratsstrategien von Österreicherinnen in Frankreich zu schreiben.... Weiter, nach etlichen Kilometer scheinbarer Wildnis, die aber schon zu den 600 ha Grund gehören, thront ein Chateau im Stil des 19. Jahrhunderts, daneben ein modernes Hotel der Luxuskategorie mit gediegenem Restaurant, ein ganz neuer Weinkeller, mit etlichen Reihen von Edelstahltanks und mehren Eichenholzfasslagern. Eine englische Familie hat sich das gekauft, renoviert und erzeugt Rosé und Rot, abgefüllt in viereckigen Flaschen und auch sonst mit explizit eigener Stilrichtung. Das Restaurant fährt eine eigene Küchenlinie, regionale Produkte, leichte Zubereitungen, aufmerksamer Service (Ratatouille unter Spargel mit Zitronensauce, Lamm mit Polenta, Rhabarberschnitte mit Erdbeeren und -eis).

Nach etlichen Kilometern Landschaft und Autobahn, am Ende dann, nach all der Natur: Arles. Kunst, alles sehr römisch: Das Amphitheater, immer noch mit Stierkampf, die Reste des Theaters, der Thermen und die Kirche St.-Trophime mit dem Portal und dem Kreuzgang um 1200. Um Arles gibt es auch noch einiges zu entdecken, ganz gut mit dem Rad. Darüber sprach ich mit Jo Smets von France Bike.

Ko.: Ich konnte jetzt kurz in die Radtour um den Luberon hineinschnuppern. So wie man sich die Provence vorstellt, intensiver Duft, Nebenstrassen, hübsche Dörfer, ein Picknick, eine kleine, nette Radel-Gruppe. Morgen geht's etwas bergauf hab ich gehört... 

Smets: Das ist nicht so wild, aber danach kommt eine schöne lange Abfahrt auf einer ehemaligen Bahntrasse. Doch bei uns steht weniger das Sportliche im Vordergrund, wir machen Genießertouren. Mit den Rädern kommt man in Naturparks, für Autos verboten und an andere wunderbare Stellen und wir besichtigen natürlich auch die Kulturdenkmäler. Ich bin schließlich Historiker...

Ko.: Sogar habilitiert - und in Salzburg hast Du auch schon gelehrt...

Smets: So spielt das Leben. Eigentlich lehre ich hier weiter. Unsere Kunden wissen das sehr zu schätzen. Ich begleite viele unserer Radtouren, probiere sie alle selbst aus, wähle die Hotels aus und schau mir die Küche an...

Ko.: Du bietest geführte Touren an und individuelle...

Smets: Die Meisten radeln individuell los. Wir empfangen alle hier bei uns, händigen die Räder, die Unterlagen aus - und wenn was sein sollte, sind wir gleich vor Ort. Weil wir mehrere Routen im Programm haben, kann man wählen zwischen mehr Landschaft oder mehr Kultur, wie mit unserer Tour um Arles.

Ko.: Das ist das Stichwort. Ich fahr jetzt mit dem Tourbus nach Arles und mach dort mit dem Restaurantprogramm weiter. Hunger hab ich....

Smets: Da weiß ich ein hervorragendes Restaurant außerhalb der alten Mauern und weg von den Tourismuspfaden...

GlosseProvence (37k)

Rosé