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Das Ursulinenkochbuch

Barbara MORINO.   

Das Ursulinenkochbuch ist eine Sammelhandschrift auf Papier, es ist mit 1716 datiert, stammt aus dem Kloster der Ursulinen in Salzburg und befindet sich im Bestand des Erzbischöflichen Archivs der Erzdiözese Salzburg. Wie es dahin gelangte ist unbekannt.

Das Kochbuch ist in hellem Leder gebunden. Der Ledereinband ist vorne und hinten rahmenförmig in Blindprägung geprägt, wahrscheinlich mit sogenannten Plattenstempeln.

Das Buch wurde nachträglich gebunden, was aus der unterschiedlichen Anordung des Schriftblocks auf den einzelnen Blättern ersichtlich wird. Es ist recto/verso beschrieben, fünfbögig gebunden und wird mit 2 ledernen Riemenschließen mit Messingdorn geschlossen. Eine der Riemenschließen ist eingerissen. Am Kopf und Fuß des Buches befindet sich ein Kapitalbund aus Spagat, der sehr gleichmäßig gestochen ist und eine Verzierung darstellt. Er ist in älterer Art in Langstich genäht, der Wulst ist mit Spagat umnäht und vollständig erhalten, die Stichtechnik ist gut sichtbar.

 

Allgemein ist der Band in einem sehr guten Zustand. Es gibt einzelne gelbliche und bräunliche Verfärbungen, die eine typische Alterungserscheinung von Papier sind, kleine Insektenschäden, wenige Fettflecken, einzelne wenige Feuchtigkeitsränder und Stockflecken (Verderben durch Feuchtigkeit, hat mit dem Zusammengepresstsein zu tun, zu wenig Luft. Mitursächlich können ursprüngliche auch Pilzsporen sein, die wiederum von Feuchtigkeit herrühren können, bzw. dadurch verstärkt werden). Insgesamt weist das Buch aber sehr wenige Gebrauchsspuren auf. Das Papier ist von unterschiedlicher Qualität. Mehrere Wasserzeichen sind zu erkennen, sie konnten aber noch nicht genau bestimmt werden.

Es gibt keine Seitenzahlen, die Rezepte sind fortlaufend nummeriert.

 

Das Buch gliedert sich in 4 Teile:

  •  470 fortlaufend nummerierte Rezepte
  •  Ein vollständiges Register dieser Rezepte
  •  Ein „Verzeichnis von Gegebenen Speisen ...", datiert ab 1799
  •  Weitere 70 Rezepte, die vermutlich Anfang des 19. Jh. hinzugefügt wurden.

 

Der Text wurde integral transkribiert um ihn nicht nur Historikern sondern auch Gesellschaftswissenschaftern, Literaturwissenschaftern, Sprachwissenschaftern, Germanisten, Kulturwissenschaftern, Köchen, Diätetikern und anderen Interessierten zugänglich zu machen. Die originale Orthographie der Handschrift wird nach bestem Wissen und Gewissen beibehalten, Varianten in Orthographie und Morphologie bleiben ebenfalls erhalten. Die Transkription erfolgt so wortgetreu wie möglich. Schreibweisen und Schreibfehler werden integral transkribiert. Zahlen werden so wiedergegeben, wie sie aufscheinen. Die Interpunktion wird vorlagengetreu wiedergegeben. Die besonders großen Initialen in der Handschrift werden in der Transkription nicht hervorgehoben.

Das Kochbuch hat keinen direkten Adressaten, es ist anonym, die Schreiberinnen sind unbekannt, bekannt ist lediglich, dass es von Frauen verfasst wurde, mit dem Zweck, die bewährten Speisen nachkochen zu können. Der Überlieferungszusammenhang ist weder ein landwirtschafltlicher, diätetischer noch ein medizinischer sondern schlicht und einfach ein hauswirtschaftlicher.

 

Die Texte weisen auch für einen Laien erkennbare unterschiedliche, gemischte Sprachmerkmale auf. Obwohl Einzelerscheinungen von sprachlichen Merkmalen nicht zur endgültigen Bestimmung taugen, deuten sprachliche Endungen zumindest abschnittweise auf Kärntner Dialekt hin. Eine fachkundliche sprachliche Bewertung steht noch aus. Die Rezepte sind von mehreren Händen geschrieben. Die jeweilige Schreiberin der Rezepte ist mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mit der Verfasserin identisch. Diese Gebrauchstexte wurden von Vorlagen abgeschrieben oder in die Hand diktiert. Das ist daran zu erkennen, dass einige Wörter in Lautschrift geschrieben sind.

Die Rezeptsammlung ist unsystematisch „so zusammengeschrieben", es gibt kein erkennbares Ordnungsprinzip. Hin und wieder lassen sich einige Gruppen, wie z. B. Suppen-, Torten- oder Fischrezepte, erkennen. Sie sind aber nicht als solche gekennzeichnet. Die Rezepte sind nicht bis ins Detail gehend erklärt, weder in Mengenangaben noch in Zubereitungsarten, auch Angaben über Garzeiten sind ungenau.

Man setzte fachkundige Leser und Ausführende voraus. Kochen wurde in erster Linie durch Praxis und Übung erlernt, durch Zuschauen und Mithelfen, nicht durch das Lesen von Kochbüchern. Die alltäglichen Speisen wurden ohne schriftliche Rezepte zubereitet, „gewöhnliche Rezepte" finden im Ursulinenkochbuch keine Erwähnung. Auch alltägliche Zubereitungsarten wurden vorausgesetzt. Desgleichen der Umgang mit Mengenangaben, man wusste z. B. einfach, wie viele Zutaten man „für einen Tisch" zu berechnen hatte, weil man wusste, wie viele Personen an besagtem Tisch Platz nehmen konnten. Eine genaue Vorstellung davon, wie viel die zu bewirtenden Personen zu sich nehmen würden, war erforderlich und wurde als gegeben angenommen. Kochbücher waren also Gedächtnisstützen und Ratgeber für besondere, außergewöhnliche Rezepte.

Es kommen keine Hinweise auf diätetische Vorschriften des Ordens vor, Hinweise auf Fastenspeisen gibt es nur vereinzelt, nur sehr wenige Rezepte befassen sich mit Gesundheitsaspekten, Kranken- oder Rekonvaleszentenkost.

 

Ursulinenkochbuch (40k)

Ursulinenkochbuch