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KINGSOLVER Barbara: Animal, vegetable, miracle. A year of food life. Harper Perennial, New York, London und Toronto 2007.

VOGET Lieske.   

"Was gibt es Neues auf der Farm?", fragt mich eine Freundin aus der Stadt am Telefon. Sie ist Gourmetköchin, sie macht sich Gedanken über die Welt und sie ist schon eine ganze Weile länger auf der Erde als ich. Unsere Unterhaltung fand im Frühjahr statt, also berichtete ich ihr von den ersten Pflänzchen im Garten: Erbsen, Kartoffeln, Spinat.

„Warte mal", unterbrach sie mich. „Wenn du sagst, Kartoffeln, was meinst du dann genau?"

„Na, die Stängel und Blätter!", antwortete ich.

„Oh", sagte sie, „ich wusste gar nicht, dass Kartoffeln Stängel und Blätter haben." (Kingssolver 2007, S. 11, eigene Übersetzung)

„Animal, vegetable, miracle" stellt einen Bericht über den - erfolgreichen - Versuch dar, sich ein Jahr lang ausschließlich von dem zu ernähren, was in der direkten Umgebung produziert wurde. Die Motivation dazu liefert ein wachsendes Gefühl der Unsicherheit gegenüber der Erkenntnis, dass die heutige Art der Ernährung wohl nicht dauerhaft beibehalten werden kann. Das Buch argumentiert jedoch nicht mit erhobenem Zeigefinger, sondern erzählt essayistisch von den Erfahrungen, die die Familie der Autorin bei dem Versuch macht, sich möglichst regional zu ernähren. Einen Schwerpunkt bildet dabei die eigene Bewirtschaftung eines Selbstversorgergartens: Die Kapitel des Buches sind am Jahreslauf orientiert: Von der ängstlichen Frage, wann das Experiment beginnen solle - mit der Ernte des ersten Spargels im März - und wie um diese Jahreszeit wohl frisches regionales Obst aussehen könnte - Rhabarber; über das hoffnungsfrohe Ausbringen der ersten Setzlinge im April; die Freude über das erste frische Grün - Salat, Spinat, Broccoli; das kaum zu bewältigende Arbeitspensum im Mai, die Zucchini- (Juli) und Tomatenschwemme (August), verbunden mit ausufernden Einkochaktionen; die Ernte von Kürbissen, Kartoffeln und Wurzelgemüse im September und Oktober bis zum Genuss der über das Jahr erarbeiteten Vorräte im Winter. Neben der Gartenarbeit hält die Familie Geflügel und berichtet ohne Beschönigung, aber sehr humorvoll, nicht nur von der Aufzucht, sondern auch von der „Ernte" der Hühner und Truthähne. In diesen Jahresbericht eingebettet stehen Überlegungen zu früherer Nahrungsmittelproduktion, den Vorteilen und Überlebenschancen einer kleinmaßstäbigen Landwirtschaft, den Anbauqualitäten und dem Geschmack alter Gemüsesorten und Nutztierrassen, der Bedeutung von Wissen über Ernährung, der Rolle von Mahlzeiten als Ort der Geselligkeit, und der Freude, Nahrungsmittel selbst zu produzieren.

Beim Lesen des Buches springt die Begeisterung Kingsolvers für den Anbau, die Verarbeitung und den Genuss von Essen über. Einen inspirierenden Einblick bieten auch die in den Text eingestreuten, mit leckeren Rezepten garnierten Erfahrungsberichte der damals 19-jährigen Tochter der Autorin. Gleichzeitig gelingt es Kingsolver, in lockerem Erzählstil eine Menge Informationen sehr ansprechend zu verpacken. Ergänzt wird dies durch kurze Blöcke mit Sachinformationen (von S. L. Hopp, dem Mann der Autorin) zu Themen wie dem mit Nahrungsmittelproduktion und -transport verbundenen Ölverbrauch, dem Zusammenhang von „westlichem" Ernährungsstil und Welthunger oder der industriellen Tierhaltung, aber auch Tipps zum Auffinden von Bauernmärkten (allerdings bezogen auf die USA). Durch den ansprechend gestalteten Einband und die Zeichnungen von Richard Houser wird die Lektüre dieses Buches nicht zuletzt für die Augen zum Genuss. Auch wenn das Werk bisher leider noch nicht ins Deutsche übersetzt wurde, sei es allen englischsprachigen Lesern wärmstens empfohlen.

"What's new on the farm?", asks my friend, a lifelong city dweller who likes for me to keep her posted by phone. She's a gourmet cook, she cares about the world, and has been around a lot longer then I have. This particular conversation was in early spring, so I told her what was up in the garden: peas, potatoes, spinach.

"Wait a minute", she said. "When you say, 'The potatoes are up', what do you mean?" She paused, formulating her question: "What part of a potato comes up?"

"Um, the plant part", I said. "The stems and leaves."

"Wow", she said. "I never knew a potato had a plant part."

(Kingsolver 2007, S. 11)

"Animal, vegetable, miracle" forms a description of the experiment to try to live on food produced as locally as possible. The underlying motivation was a growing uncertainty towards the unsustainability of our contemporary food consumption. However, the book does not feature a moral sermon but narrates the adventures of the author's family's attempt to eat exclusively locally for a year. The book is organized around a "year of foodlife". A strong focus is given to growing food in a self-sufficient garden as well as to an honest but humorous account of the rearing and "harvesting" of own poultry. Embedded in this account are considerations regarding traditional food production, benefits and survival strategies of small-scale agriculture, qualities and especially taste of heirloom vegetables and heritage livestock varieties, the importance of knowing about your food, the role of meals as a place for conviviality and the joys to produce your own food.

Reading the book, Kingsolver's enthusiasm for growing and rearing, processing and savouring food truly captured me. Additionally the personal account of her then 19 year old daughter, garnished with delicious recipes offers inspiring insights. At the same time the author manages to wrap quite a bit of information in an easy and pleasant narrative style. These are completed by short paragraphs featuring factual information (originating from S. L. Hopp, the author's husband) regarding topics like the oil-demand resulting from contemporary food production and transport, the relation between "western" ways of eating and world hunger, industrial livestock production as well as directions how to find farmers markets (in the USA).The beautiful book cover and drawings by Richard Houser form the finishing touch to the aesthetic experience this book offers.