Die Verwendung von Extrakten bietet neben der Möglichkeit zur Standardisierung der Würzkraft auch hygienische Vorteile. Gegen ihre breite Anwendung existieren aber gewisse Vorurteile.
In meiner Berufspraxis als Mitarbeiterin in der Qualitätsicherung von Gewürzen habe ich oft folgende Behauptung gehört: „Die Gewürzextrakte sind zwar gut, aber der Geschmack lässt mit der Zeit im Vergleich zu Rohgewürzen nach."
Ich konnte keine Literaturstelle finden, wo diese Behauptung experimentell belegt ist und habe deshalb beschlossen, selbst ein Experiment mit einem gemahlenem Gewürz definierter Korngröße und einem aus demselben Material hergestellten Extrakt durchzuführen.
Als Modellgewürz wurde weißer Pfeffer gewählt, weil dieses Gewürz am häufigsten in der Wursterzeugung verwendet wird. Die Einsatzmengen variieren von 1,5-3,5 g/kg bei Fleischwaren. Für das Experiment wurde eine mittlere Einsatzmenge von 2,5 g/kg gewählt.
Als Produkt für die sensorische Prüfung sollte Extrawurst in undurchlässiger Wursthülle dienen. Diese feinzerkleinerte Brühwurst ermöglicht eine gleichmäßige Verteilung von Gewürzen. Da die Wurstmasse in undurchlässiger Hülle während der Lagerung keine Verluste an Masse hat, bleibt die Konzentration der Geschmackstoffe konstant.
Sensorische Dreiecktests einen Tag nach der Herstellung und anschließend nach drei bzw. sechs Wochen Lagerung sollten zeigen, ob es geschmackliche Unterschiede zwischen der Charge mit gemahlenem Pfeffer und der Charge mit Pfefferextrakt gibt.
Theoretischer Teil
1. Aromastoffe
Nicht jede Verbindung trägt zum Aroma eines Lebensmittels bei. Ein Aromastoff muss auf der einen Seite ausreichend flüchtig sein, um in die menschliche Nase zu gelangen. Auf der anderen Seite muss die Verbindung die strukturellen Voraussetzungen und die notwendige Konzentration besitzen, um mit den Geruchsrezeptoren in der Regio olfaktoria der Nasenschleimhaut Wechselwirkungen hervorzurufen. Durch diese Interaktion wird ein Reiz bewirkt, der im Gehirn als Geruch wahrgenommen wird.(1)
Aromen werden verwendet, um den Geruch und/oder den Geschmack von Lebensmitteln zum Nutzen für den Verbraucher zu verbessern bzw. zu verändern.
2. Pfeffer
In dieser Arbeit wurde ein detailliertes Kapitel über Pfeffer (Piper nigrum L.) geschrieben. Die historischen und botanischen Fakten, Kultivierung, Verarbeitung nach der Ernte, Eigenschaften und Qualitätskriterien von Pfeffer wurden erläutert.
Die Pfefferpflanzen stammen aus dem gebirgigen Hinterland der Malabar-küste im Südwesten Indiens, dem heutigen Bundestaat Kerala. Im vierten Jahrhundert vor Christus erreichte der Pfeffer Europa: Soldaten von Alexander dem Großen brachten zuerst die Nachricht von dem scharf schmeckenden Gewürz nach Griechenland. Über Jahrhunderte hinweg etablierte sich ein reger Pfefferhandel, der zu der wichtigsten und ständigen Verbindung zwischen Europa und Asien avancierte. Wer das Monopol des Pfeffers hatte, konnte gigantische Gewinne erzielen. Der Handel mit dem Pfeffer lag in der Antike in orientalischer Hand.(2)
Im christlichen Mittelalter begann ein neues, welthistorisches und bedeutsames Kapitel in der Geschichte des Pfeffers. Die Menschen entwickelten einen ausgeprägten Geschmack für Pfeffer. Gerade die Oberschicht des Mittelalters zeichnete sich durch stark gewürzte Speisen aus. Je vornehmer und reicher ein Haus war, desto mehr Gewürze wurden verbraucht. Sie spielten nicht nur eine kulinarische Rolle, sondern auch eine zeremonielle, denn Gewürze wurden verschenkt wie Juwelen.(3) Die hohen Preise erzeugten ein großes Interesse an Ersatzpfeffer. Es entstanden einige Arten von Fälschungen, wie der "Kubeben-Pfeffer" und der "spanische Pfeffer". Sie fanden als preiswerterer Pfefferersatz ihren Platz auf dem Markt.(4)
Die Begierde der Menschen nach dem scharfen Gewürz, sein exotischer Reiz und sein stolzer Preis veranlassten die Europäer am Ende des 15. Jahrhunderts auf Entdeckungsreisen zu gehen. Die Portugiesen, Holländer und Venezianer stritten sich immer mehr um das Gewürzmonopol und so stieg das Interesse an dem Land, „wo der Pfeffer wächst". Dies führte zur Entdeckung Amerikas im 1492.(5)
Dennoch hielt der Pfeffer Einzug in unsere heutige Küche und ist kaum wegzudenken bei der Verfeinerung von Fleisch, Fisch, Geflügel oder Käse. Heutzutage ist der Pfefferkonsum demokratisiert, die niedrigen Preise und das übergroße Angebot in jedem Supermarket ermöglichen einen Konsum für alle, und fast niemandem ist es mehr bewusst, welche weitreichenden Ereignisse von weltpolitischer und ökonomischer Bedeutung ein paar „Körner" mit sich brachten.(6)
Die scharfen Beeren werden heute noch per Hand gepflückt und je nach Erntezeitpunkt wird die spätere Farbe des Pfeffers entschieden.(7) Wegen des hohen Pflege- und Ernteaufwandes (Verschneiden, Bodenpflege, Ernte mit der Hand) werden meistens nur Kleinkulturen, die sogenannten Pfeffergärten angelegt.(8)
Ausschlaggebend für den Geschmack und den Geruch von Pfeffer sind die scharf schmeckenden Substanzen (Piperin) und die ätherischen Öle (Monoterpen-Kohlenwasserstoffen).(9)
Pfeffer wird in fast allen Küchen der Welt verwendet und in Europa ist dieses Gewürz unersetzlich. Da das Pfefferaroma sehr sensibel ist und durch kochen stark verändert wird, empfiehlt es sich, frisch gemahlenen Pfeffer erst am Ende der Garzeit zuzugeben. Vielfach wird aber ein Gericht durch das Mitkochen der ganzen Pfefferkörner erst seinen typischen Geschmack erhalten. Pfeffer hat unter den Gewürzen eine einmalige Stellung, da seine Früchte in vier verschiedenen Farben gehandelt werden: Je nach Behandlung ergeben sie grüne, schwarze, weiße und rote Pfefferkörner. Heutzutage wird er hauptsächlich in Indien, Vietnam, Brasilien, Malaysia und Indonesien angebaut.(10) Grundsätzlich wird schwarzer Pfeffer nach Anbaugebieten beziehungsweise Handelshäfen klassifiziert. Je nach Region gibt es bei schwarzem Pfeffer Unterschiede im Aroma und in der Schärfe.
Die flüchtigen Komponenten des Pfeffers (ätherisches Öl) können durch Wasserdampfdestillation gewonnen werden. Der Erhalt der nicht flüchtigen Komponenten („Resine") wird durch Extraktion herbeigeführt. Wenn das Destillat mit nicht flüchtigen Extrakten vereinigt wird, entsteht ein Gesamtextrakt, das Oleoresin.
Diese Aspekte u.a. sind mit einzubeziehen, um die gastrosophischen Inhalte dieser Arbeit zu erkennen. Vor allem beim Pfeffer sind die sensorischen Eigenschaften sehr wichtig, nämlich wie er aussieht, riecht oder schmeckt.
3. Brühwurst
Die Verarbeitung und Herstellung von Brühwurst wurde in dieser Arbeit kurz umschrieben. Brühwürste sind Wurstwaren die aus Brät (mit oder ohne Einlagen) durch Erhitzung (Brühen, Braten, Backen) haltbar gemacht werden.
Brät ist ein durch intensive Zerkleinerung von Fleisch unter Schüttung von Wasser (Eis) und Zusatz von Nitritpökelsalz oder Kochsalz und Salpeter oder unter Zusatz von Kochsalz hergestelltes Zwischenprodukt bei der Fleischherstellung. Bei der Brätherstellung geht unter dem Einfluss der Salze Muskeleiweiß in Lösung, wodurch bei der späteren Erhitzung die zusammenhängende Koagulation unter Einschluss des Fettes und des Wassers gewährleistet wird.(11)
Bei der Brühwurstproduktion ist das eingesetzte Magerfleisch unter anderem für die Qualitätsmerkmale mitverantwortlich. Dazu zählen: Konsistenz und Biss; Wasserbindung; Fettemulsion, Farbe und Farbhaltung; Geruch und Geschmack; Feinheitsgrad bei Extrawurst.(12) Schlachtfrisches Fleisch wird nur noch bei Hausschlachtungen verwendet, da es binnen weniger Stunden nach der Schlachtung verarbeitet werden muss. Verarbeitungsfleisch soll mikrobiologisch einwandfrei sein und gutes Wasserbindungsvermögen haben, was anhand des pH- Wertes zu erkennen ist (pH ca. 5,8). Tiefere Werte deuten auf PSE (Pale Soft Exudative) Fleisch hin. Dieses Fleisch ist für die Brühwurst nicht geeignet. Verarbeitungsfleisch soll gleich nach der Schlachtung und Ausweidung gut gekühlt werden. Wasser wird hauptsächlich in Form von Eis zugegeben, um Salze und Eiweiße zu lösen, die Brättemperatur niedrig zu halten und somit eine optimale Emulsion zu erreichen. Die Schüttung variiert je nach Sorte und kann zwischen 5 und 30 % der Gesamtmasse betragen. Sie sind als geschmacksgebende und haltbarkeitsverlängernde Zutaten. Erhöhung der Ionenstärke, bessere Löslichkeit und Quellung von Muskeleiweiß. Zugabemenge ca. 1,7 - 2,2 % auf Fleisch/Fett. Ascorbinsäure ist ein Antioxidationsmittel. Seine Verwendung beschleunigt aufgrund seiner reduzierenden Wirkung von Nitrit in Stickoxid die Umrötereaktion.
In dem Fall wurde für den Versuch nur weißer Pfeffer bzw. Pfefferextrakt verwendet. Knoblauch und andere Gewürze wurden vermieden, um Geschmackstörung vorzukommen. Beim Abfüllen wurde eine wasserdampf-undurchlässigen Wursthülle verwendet. Bei Verwendung von wasserdampf-undurchlässigen Wursthüllen wird das abgefüllte Brät auf eine Kerntemperatur von ca. 68 - 74 °C erhitzt. Kühlen: Die gebrühten Würste wurden im Wasserbad (Eiswasser) abgekühlt. Die Lagerung erfolgt bei 2 - 5 °C, auf die Einhaltung der Kühlkette ist zu achten.
Experimenteller Teil
Der experimentelle Teil beschreibt die Herstellung der gemahlenen Proben weißen Pfeffers und des aus dem gleichen Pfeffer erzeugten Oleoresins. In der Folge wurde Extrawurst mit 2,5 g/kg gemahlenem weißen Pfeffer bzw. mit der äquivalenten Menge Pfeffer Oleoresin (gewonnen aus demselben Ausgangsmaterial) gewürzt. Eine sensorische Prüfung der Extrawurst erfolgte durch Dreiecksprüfung nach einem Tag, drei und sechs Wochen nach Herstellung.
Ergebnisse und Diskussion
Der erste Dreieckstest erfolgte einen Tag nach der Herstellung der Extrawurst. Beteiligt waren dabei 18 Prüfpersonen. Bei der abweichenden Probe handelte es sich um die Extrawurst mit gemahlenem weißem Pfeffer. Diese haben genau 9 Personen erkannt und als die abweichende Probe diagnostiziert. Nach der Signifikanztabelle für die Dreiecksmethode ist bei einer statistischen Sicherheit von 95 % der Unterschied zwischen der abweichenden Probe und den anderen beiden Proben aber nicht signifikant.
Nach drei Wochen erfolgte der zweite Dreieckstest, wobei wieder die Extrawurst mit gemahlenem weißem Pfeffer die abweichende Probe darstellte. Diesmal erkannten von den 19 beteiligten Prüfpersonen 13 Probanden die abweichende Probe. Der Unterschied zwischen den zwei anderen Proben und der abweichenden Probe ist signifikant, da nach der Signifikanztabelle für die Dreiecksmethode eine statistische Sicherheit von 99% vorliegt.
Anschließend erfolgte nach weiteren 6 Wochen nach der Herstellung der dritte Dreieckstest. Bei dieser sensorischen Verkostung war die Extrawurst mit Pfefferextrakt die abweichende Probe.
19 Prüfpersonen beteiligten sich an der Verkostung. Die abweichende Probe haben aber nur 4 Personen erkannt, das entspricht bei einer statistischen Sicherheit von 95% einem nicht signifikanten Unterschied.
Schlussfolgerung
Einen Tag nach Herstellung konnten keine statistisch signifikanten Unterschiede festgestellt werden. Drei Wochen nach Herstellung ergab sich ein statistisch signifikanter Unterschied zwischen der Extrawurstprobe mit gemahlenem Pfeffer und den Proben mit Oleoresin. Ein Teil der Prüfer beschrieb erstere Probe als scharf und pfeffrig. Sechs Wochen nach Herstellung konnten aber keine statistisch signifikanter Unterschied festgestellt werden.
Einige Zeit nach der Herstellung schmeckt Extrawurst, die gemahlenen Pfeffer enthält, schärfer als Extrawurst, die die äquivalente Menge Oleoresin enthält, da sich zunächst „Inseln" höherer Konzentration von Aromastoffen bilden. Diese „Inseln" verschwinden mit der Zeit, und die Aromastoffe sind dann gleichmäßig in der Wurst verteilt. In dieser Phase haben gemahlener Pfeffer und Oleoresin die gleiche Würzkraft. Für das Ergebnis der sensorischen Prüfung einen Tag nach der Herstellung konnte keine Erklärung gefunden werden.
Literatur:
Brauer, Horst: Brühwurst-Technologie. Technologischer Leitfaden für das Kuttern, Umröten und sensorische Bewerten von Brühwurst. Frankfurt am Main1999
Gööck, Roland: Das Buch der Gewürze. Ein umfassendes Nachschlagwerk der guten Küche. Hamburg 1965
Hens, Rita: Safran & Kardamom. Die orientalische Gewürzküche. Ostfildern 2009
Katzer, Gernot u. Fansa, Jonas: Picantissimo, das Gewürzhandbuch. Göttingen 2007
Küster, Hansjörg: Kleine Kulturgeschichte der Gewürze. Ein Lexikon von Anis bis Zimt. München 2003
Mahn, Manuela: Gewürze. Geschichte - Handel - Küche. Stuttgart 2001
Österreichisches Lebensmittelbuch, CODEX, Kapitel B 14 für Fleisch und Fleischerzeugnisse, 2009
Rimbach, Gerald, Möhring, Jennifer u. Erbersdobler, Helmut: Lebensmittel. Warenkunde für Einsteiger. Berlin u. Heidelberg 2010
Schivelbusch, Wolfgang: Das Paradies, der Geschmack und die Vernunft. Eine Geschichte der Genussmittel. Frankfurt 2010
Steinhaus, Martin u. Schierberle, Peter: Das Aroma von weißem Pfeffer (Piper nigrum L.): Bildung von Fehlaromastoffen bei der Fermentation. Jahresbericht Deutsche Forschungsanstalt für Lebensmittelchemie, 2005
Teuscher, Eberhard: Gewürzdrogen. Ein Handbuch der Gewürze, Gewürzkräuter, Gewürzmischung und ihrer ätherischen Öle. Stuttgart 2003
Vonarburg, Bruno: Homöotanik. Farbiger Arzneipflanzenführer der klassischen Homöopathie. Band 4: extravagante Exoten. Stuttgart 2005