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Das Halleiner Kochbuch

Klaudia KARDUM.   

Als ich für die Kochbuch-Transkription in der Gastrosophie auf der Suche nach einer Handschrift aus dem 17. Jahrhundert war, bot mir Herr Professor Kolmer dieses Halleiner Kochbuch als Material an.

Seit ungefähr einem Jahr habe ich das Vergnügen diese Quelle bearbeiten zu dürfen.

Das Kochbuch gehörte einst dem Bürger Carolus Robekh aus Hallein, welcher zur damaligen Zeit als Buchführer der Stadt fungierte. Er verfasste dieses Buch für seine Tochter Elisabetha. Aus vielen Quellen ist bekannt, dass Familien der zukünftigen Braut oft Kochbücher zur Hochzeit und als Mitgift verschenkten. Es ist durchaus möglich, dass dies auch bei Carolus Robekh der Fall war. In der regen Diskussion über die Kochbücher und deren Verwendung bzw. Zweck stellt man sich durchaus in diesem Zusammenhang die Frage, ob die Tochter des Herrn Robekh das Werk im praktischen Gebrauch verwendete oder nicht. In der damaligen Zeit war es für Töchter höheren Standes nicht üblich, dass sie sich in die Küche stellten und kochten. Dieses Handwerk übernahmen eigens Köche bzw. Köchinnen und deren Lehrlinge oder Mägde. Das Wissen über die Zubereitung von Gerichten ging früher vom Koch zum Lehrling durch mündliche Überlieferungen und durch die praktische Anwendung des Gelernten. Learning-by-doing nahm somit in der Ausbildung eines angehenden Kochs einen großen Stellenwert ein.

Die Hausherrinnen hatten hingegen eher eine überwachende Funktion innerhalb der Küche inne. Die Kochbücher konnten eher als Gedächtnisstütze zu Rate gezogen werden und boten Kochanleitungen, wodurch die hochgestellte Dame des Hauses das Können ihrer Angestellten testen konnte. Da das „Halleiner Kochbuch" einige Grundrezepte beinhaltet, lässt sich ebenfalls die These aufstellen, dass die Tochter Elisabetha vielleicht eine junge Köchin oder Magd mit wenig praktischer Erfahrung gewesen sein könnte und mit Hilfe dieser Quelle das Wissen der Angestellten vertieft werden sollte. Aber dies ist nur eine These von vielen, die noch nicht belegt wurden.

Die Handschriften, welche in der Schriftform Fraktur bzw. Kurrent erhalten geblieben sind, stammen aus dem Jahr 1679. Beim Durchblättern der Rezeptsammlung wird ersichtlich, dass die Schrift sauber, gleichmäßig und leserlich auf das Papier gebracht wurde.

Das Bucheinband-Material besteht aus dickem bräunlichem Papier. Auf den ersten Blick ist zu erkennen, dass der Buchdeckel sowie der Buchrücken mit einer gedruckten Fraktur-Schrift versehen worden sind. Leider ist, aufgrund der verblassten Drucktinte, diese zu einem großen Teil recht schwer leserlich. Die Quelle weist an gewissen Stellen, wie der Buchmitte und auf dem untersten Rand der Seitenblätter, Wasserflecken auf. Das verwendete Papier für das Kochbuch besitzt bereits eine gewisse bräunlich- gelbliche Farbnuance. Inhaltlich umfasst das Werk insgesamt 65 Seiten, wobei die Blätter beidseitig (recto und verso) beschriftet wurden, und beinhaltet rund 550 Rezepte. Im Vorwort verleiht der Autor der Hoffnung Ausdruck, dass dieses Buch sich als nützlicher Gegenstand herausstellen würde, während im Nachwort, Hinweise darüber zu finden sind, welcher Person „das Halleiner Kochbuch" einst gehörte bzw. in wessen Besitz, sprich der Tochter des Carolus Robekh, es übergehen sollte. Aber auch das genaue Entstehungsdatum des Werkes ist an dieser Stelle verewigt worden.

Darüber hinaus ist anzumerken, dass das Kochbuch sich in einem äußerst guten Zustand befindet. Die Buchseiten weisen beispielsweise kaum Gebrauchsspuren auf. Die niedergeschriebenen Rezepte sind, mit wenigen Ausnahmen, in einem gut leserlichen Zustand. Bei der Bearbeitung der Quelle fiel auf, dass ab und zu durchgestrichene, eingeschobene und getrennte Wörter vorzufinden sind. Ebenfalls hervorzuheben ist, dass die Rezepte am linken Blattrand ca. drei bis fünf Zentimeter eingerückt wurden. Am unteren Rand der Buchseiten lässt sich eine ähnliche Vorgehensweise beobachten.

Unter einem formalen Gesichtspunkt gesehen, verfügt die Quelle über kein Inhaltsverzeichnis. Eine systematische Ordnung der Gerichte bzw. Nummerierung der Rezepte, wie in neuzeitlichen Kochbüchern, beispielsweise nach Vorspeisen, Hauptspeisen und Nachspeisen, ist im Halleiner Kochbuch ebenfalls nicht vorzufinden. Während der Bearbeitung der Handschrift wurde jedoch ersichtlich, dass durchaus eine grobe Gliederung der Speisen vorgenommen wurde, denn die Gerichte wurden in einzelne Rezeptblöcke unterteilt. Beispielsweise wurden Rezepte durch die Titel nur vom Fisch, Muß, Brei oder Dorthen gegliedert.

Als wesentliche Merkmale des „Halleiner Kochbuches" können die bereits erwähnten Rezept-Überschriften angesehen werden, welche meist mit Großbuchstaben beginnen und durch eine Leerzeile vom eigentlichen Rezept getrennt wurden bzw. sich davon abheben. Auffallend ist ebenfalls, dass ein Rezept-Titel meist am Ende einer Seite zu finden ist und der restliche Teil der Anweisung auf der nächsten Buchseite fortgesetzt wird. Eine weitere Besonderheit sind auch Kochanweisungen, die sich über zwei handgeschriebene Seiten erstrecken können. Allerdings wurden manche der Anweisungen nicht fertig geschrieben, die Ausführungen und Erklärungen brechen beispielsweise mitten im Satz ab, und sind somit unvollständig.

Kennzeichnend für das Kochbuch ist auch der Gebrauch bzw. die Nutzung regionaler Produkte, wie Kohl, Rüben, Kräuter oder das Fleisch heimischer Tiere, usw. Die Verwendung teurer Gewürze, wie Safran, Zimt, Nelken, Ingwer oder weiterer kostbarer Lebensmittel wie Mandeln, könnte ein Indikator dafür sein, dass diese Quelle für einen bestimmten sozialen Stand verfasst wurde. Da sich die sogenannte Unterschicht, die eben zitierten wertvollen Zutaten gar nicht leisten konnte, ist anzunehmen, dass das Kochbuch dem Bürgertum zuzuordnen ist.

Die Rezepte im Kochbuch beinhalten, wie bereits erwähnt, 550 Kochanweisungen, davon sind ca. 80 Fisch- oder Krebsgerichte (von Hechten, Karpfen, Aalen usw.) und 125 Süßspeisen (von Dorthen, Kuchen, ausgebackenen bzw. frittierten Desserts oder breiartigen Speisen). Die restlichen Rezepte setzen sich aus Saucen, Beilagen und Fleischgerichten, welche etwa 60 Kochanweisungen ausmachen, zusammen.

Das Interessante am „Halleiner Kochbuch" ist aber vor allem dessen didaktische Aufbereitung. Zur Entstehungszeit der Quelle war es noch eher unüblich, Gerichte mit Anweisungen zu versehen wie diese herzustellen seien. Normalerweise wurden Kochbücher von Profis für Profis geschrieben und die Rezepte wiesen eher einen beschreibenden als instruktiven Inhalt auf. Im „Halleiner Kochbuch" sind jedoch viele Grundrezepte und genauere Beschreibungen von Kochvorgängen vorzufinden.

Um den didaktischen Aufbau eines solchen Rezeptes ersichtlich zu machen, wird nun folgend ein Sulzrezept verwendet.

 

Transkription zur Handschrift (siehe Bild rechts):

 

Die Sulz mach also. /

 

Nimb gueten süssen wein, ob du ihn haben magst, als / raifl ist sehr guet, ain halbe maß, gilbs Woll, so du es / für guete loith mainest, mueß man den Saffran nit / sparen, nimb haußen blatern, auf ein fisch, schier ein / Quintlein, so es khlar ist am Weter, oder Winters Zeiten, / so versteht die Sulz gar gern, man darf nit vil haußen=/ blatern, aber im Soer, mueß auf ein fisch Woll ein ½. loth haben, vorauß auf die visch die kheine, schieppen // (f.12r) haben, So nimb dan den Wein mit sambt der haußen=/ blatern, und Seuds vast Woll, das gewürz nimb nicht von / stund an drein, erst so du es anrichten Wilt, Ingber stup ist / nit guet, machts nur trüeb, Sondern Zu khlainen stükhlein, / geschniten, und also gesothen , Mußcatstup, Mußcatblüe, / und Zimetröhrn, auch geschniten, und so du es anrichst, nimb / ein Pfefferstup, in die Sulz gibt ihm die schärpf, so nun / der visch in der Sulz genug gsothen hat, so seich die Sulz / herab, und khlaub die stukh visch fein auf ein schißl, und / geuß die Sulz fein drüber, Wan gesothen ist, thue erstlich / Mandl khern, und Weinbörl darauf, sie fallen sonst gern / an boden, sez an ein khiele stath, so gstehts, Es ist auch / Zuwissen, Wer die Sulz lauter und schen machen will, / der verseud ein bröckhl Allaun darinen, die Sulz / mueß man gar gemach sieden lassen, so du den visch / drein thuest, man mag die visch auch Woll verguldten.

 

Die fett gedruckten Stellen sollen die bereits erwähnten didaktischen Elemente in den Rezepten aufzeigen. Auffallend ist, dass genaue Anweisungen über die Verwendung gewisser Zutaten gegeben werden und von der Beifügung mancher Nahrungsmittel sogar abgeraten wird.

Das gesamte Werk scheint in einem salzburgerischen Dialekt verfasst worden zu sein. Doch für eine eindeutige Zuteilung wird noch eine dialektale Sprachanalyse erforderlich sein. Des Weiteren verfügt dieses Kochbuch über keine einheitliche Orthographie. In den Rezepten sind anscheinend die Satzzeichen, sowie Groß-und Kleinschreibung willkürlich verwendet worden. Das Buch wurde von einer Hand verfasst und wie es für die damalige Zeit üblich war, wurde die Kurrent-Schrift verwendet. An ein paar Stellen sind schwer leserliche Wörter zu finden, doch im Großen und Ganzen ist die Schrift gut lesbar.

Der gegenwärtige wissenschaftliche Stand liegt vor allem auf der Fertigstellung der Transkription der Quelle. Die In der weiteren Planung ist unter anderem die Erstellung eines Glossars vorgesehen, sowie die Beantwortung der Fragen: Wer war der Autor wirklich? Woher stammen die Rezepte? Gibt es ähnliche Handschriften, welche didaktische Elemente besitzen?

 

Halleiner_Kochbuch (201k)

Halleiner Kochbuch - Die Sulz mach also