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Tiroler Kochbuch

Simone KEMPINGER.   

Historische Handschriften sind faszinierende Werke. Die darin verzeichnete, den meisten mo-dernen Lesern unbekannte Schrift und die befremdlichen Buchstaben machen neugierig auf die Inhalte, die sich dem Betrachter verwehren.

Mir ging es ähnlich, auch ich hatte zu Beginn große Schwierigkeiten den Rezepten Sinnvolles zu entlocken. Meine große Leidenschaft fürs Kochen erweckte aber Ehrgeiz und Neugierde und so lernte ich Schritt für Schritt die Zeichen zu entziffern und zu Kochrezepten zusammenzusetzen. Die hier vorliegende Arbeit ist der erste Teil der wissenschaftlichen Bearbeitung des „Tiroler Kochbuchs", ein handgeschriebenes Rezeptbuch aus dem Jahr 1714. Methodisch kombiniert diese Abhandlung wissenschaftliche Literatur- und Quellenarbeit. Derzeit liegt die Handschrift im Büro des Zentrums für Gastrosophie in Salzburg auf. Der Inhalt wurde, soweit bekannt, noch nicht wissenschaftlich aufgearbeitet. Daher handelt es sich hierbei um eine Grundlagenarbeit, welche die Basis für künftige, tiefergehende Forschungen legt. Ziel der laufenden Arbeit ist eine Transkription und Analyse des kompletten Werkes. Diese Abhandlung stellt nun einen ersten Schritt zur geplanten, vollständigen Arbeit dar. Sie steht exemplarisch für Kochbücher aus dem Spätbarock. Die nunmehrige Abhandlung umfasst etwa zwei Drittel der rund 300 Seiten des Kochbuches. Die Transkription richtet sich an Historiker, im speziellen Kulturhistoriker, im weiteren Sinn an germanistisch Interessierte und Liebhaber der barocken Küche.

 

Forschungsstand

Den österreichischen Raum betreffend wurde die Forschung an barocken Kochbuchhandschriften bisher eher stiefmütterlich behandelt. Die Problematik ergibt sich unter anderem daraus, dass sich viele Kochbuchhandschriften in Privatbesitz befinden und deshalb für die Forschung schwer zugänglich sind. Um diese Missstände einigermaßen zu beheben, hat es sich eine kleine Gruppe optimistischer ForscherInnen am Zentrum für Gastrosophie in Salzburg zur Aufgabe gemacht, den Gegenstand intensiv zu recherchieren. Neben etlichen Handschriften aus dem ländlichen Salzburger Raum konnten auch einige unbearbeitete klerikale Werke aus Salzburger Klöstern zur Transkription und Analyse bereitgestellt werden. Dies ermöglicht künftig intensive wissenschaftliche Aufbereitung und Bearbeitung der Materie hinsichtlich Rezeptkonkordanzen sowie Gegenüberstellungen der verwendeten Zutaten und Küchenutensilien in verschiedenen Regionen und sozialen Schichten Salzburgs bzw. Österreichs. Die Bearbeitung dieser Werke spannt aber auch Bögen zu weiteren wissenschaftlichen Disziplinen, denn eine solche Transkription ist nicht nur für die Sprach- und Dialektforschung von Bedeutung, die Inhalte der Kochbücher geben auch im kulturhistorischen Bereich Auskunft über die soziale Stellung der Besitzer bzw. der Geistlichen und liefern Antworten auf die Frage des Ernährungsverhaltens. Aber auch auf dem Gebiet der Arbeitsmittel- und Geräteforschung kann man aus den Inhalten wichtige Einsichten gewinnen.(1)

 

Aussehen und Herkunft der Handschrift

Über die Hintergründe des Werks gibt es bisher noch wenige Erkenntnisse, fest steht bislang nur, dass es aus dem Raum Tirol stammt. Auch dem heutigen Besitzer Max Werner aus Kufstein in Tirol ist über die Hintergründe und Herkunft des Werkes wenig bekannt. Bisher sind die ErstbesitzerIn und die Verfasserin oder der Verfasser noch anonym. Da nicht bekannt ist, ob es sich beim Schreiber um eine weibliche oder männliche Person handelt, wird im Folgenden wertungsfrei von einem Schreiber gesprochen. Es wird Gegenstand künftiger Forschung sein, mehr über die Person, die sich in der Anrede darstellt („...So mir die Frau Von Ehing...") in Erfahrung zu bringen, da es sich mit hoher Wahrscheinlichkeit um den Erstbesitzer des Werks handelt. Bisher steht die Annahme nur als Hypothese im Raum, doch im 18. Jh. gehörte es zum guten Ton, der Tochter als Hochzeitsgeschenk ein solches Kochbuch mit in die künftige Ehe zu geben. Dies könnte auch hier der Fall gewesen sein. Hinweise auf die Herkunft einiger Rezepte könnten auch die in einigen Rezepttiteln angeführten Namen bzw. Adelstitel der dort genannten Frauen geben. So wird bei einigen Titeln eine „Frau bzw. Gräfin von Zünzendorf", „Frau von Schaffenberg" oder „Frau von Grieß" erwähnt. Aufgrund dieser Hinweise sollten mit Hilfe des Tiroler Adelsregisters bzw. des Tiroler Landesarchivs Nachforschungen angestellt werden, um Anhaltspunkte bezüglich der Herkunft der Rezepte zu bekommen.

Das Buch ist eine Papierhandschrift im Rechteckformat 30,7 x 20,5 x 4 cm. Dies entspricht annähernd dem heute gängigen DIN A4-Format. Der Einband ist aus einfachem beigem Schweineleder ohne Aufdruck oder Prägung gefertigt. Der Buchrücken ist an der oberen Kante der Vorderseite etwas gebrochen. Die linke Seite des etwas vergilbten Vorsatzblatts des Frontdeckels ist mit dunkelblauer Kreide beschrieben. Diese Inschrift könnte einen Hinweis auf die BesitzerIn liefern, jedoch ist die Schrift äußerst schwer zu entziffern. Das Vorsatzblatt des Rückdeckels ist durch einige Wasser- bzw. Schmutzflecken verunreinigt. Der Buchblock ist mit drei hellbraunen Hanfschnüren durchgehend fadengeheftet, wobei das erste Band am Frontdeckel gerissen ist. Zusammengehalten wurde das Werk von zwei mal zwei dunkelgrünen gewebten Bändern, von denen die oberen beiden abgerissen sind. Der vier cm hohe Buchrücken ist an der oberen Kante aufgrund des gerissenen Bandes des Frontdeckels beschädigt, auch die untere Kante ist etwas abgebraucht, ansonsten ist der Einband aber gut erhalten. Der Umfang der Handschrift beträgt 155 Blätter, welche recto und verso beschrieben sind. Der Gesamtumfang beträgt also 310 Seiten. Das Werk wurde aus mindestens zwei Quellenvorlagen abgeschrieben. Der erste Teil stammt, wie in der Vorrede erwähnt, aus einem Kochbuch der „Frau von Ehing". Der zweite Teil, welcher ab Blatt 68 beginnt, wurde aus einem anderen, unbekannten bzw. nicht näher genannten Werk abgeschrieben. Im Text ist nur der Satz „aus einem anderen Buch abgeschrieben" vermerkt. Der zweite, etwas umfangreichere Teil enthält ausschließlich Süßspeisenrezepte.

Im zweiten Teil des Buches wurden einige Markierungen mit bunten, meist dunkelblauen kreideähnlichen Stiften hinzugefügt. Mit ziemlicher Sicherheit wurden diese Markierungen erst zu einem späteren Zeitpunkt gesetzt, da auf Blatt 144 mit dem gleichen Stift eine Datierung mit 1890 verzeichnet wurde. Es wird Gegenstand künftiger Forschung sein, zu analysieren, warum rund 20 der Rezepte bunt markiert bzw. umrandet wurden und welche Bedeutungen diese Markierungen in sich tragen. Eine bisher unbestätigte Hypothese ist, dass die markierten Rezepte als besonders gut befunden und bzw. oder deshalb oft gekocht wurden. Aufgrund der ergänzten Datierung stellt sich auch die Frage wie viele Besitzer bzw. Leser das Werk hatte und ob es möglicherweise innerhalb der Familie vererbt oder eventuell verkauft wurde. Mit ebenfalls dem gleichen Schreibmittel wurde auf der Rectoseite des Einbandspielgels eine Schriftzeile, welche einen Hinweis auf einen späteren Besitzer liefern könnte, hinzugefügt. Diese zwei Wörter sind optisch vergleichbar mit einem Namenseintrag, was auf dem Einbandspielgel durchaus erklärbar scheint. Diese ergänzten Schriftzeichen konnten aber noch nicht einwandfrei entziffert werden. Auf den letzten eineinhalb Seiten des Buches sind weitere sieben Rezepte verzeichnet. Diese wurden mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem wesentlich späteren Zeitpunkt hinzugefügt, da sich das Schriftbild deutlich von der im vorangegangenen Text durchgängig verwendeten Schrift unterscheidet und einem späteren Zeitraum zugeordnet werden kann. Einernoch unbestätigten Hypothese zufolge würde das Schriftbild wiederum zu der vermeintlich später hinzugefügten Datierung des Jahres 1890 passen.

Zur Bearbeitung der Texte wurde das komplette Werk gescannt und somit digital nutzbar gemacht. Die Digitalisierung erleichtert die Arbeit am Text immens, da die Schrift beliebig vergrößert werden kann und auf diese Weise schwierig zu bestimmende oder unleserliche Textstellen einfacher zu bearbeiten sind. Weiters ist es möglich, während der Arbeit den Text durch persönliche Anmerkung zu ergänzen oder fragliche Stellen zu markieren, ohne die originale Handschrift zu entstellen.

 

Charakteristika der Handschrift

Es wird davon ausgegangen, dass der Leser über ein gewisses Verständnis der frühneuhochdeutschen Sprache verfügt. Eine Übertragung der Texte ins moderne Neuhochdeutsch sowie eine Neuinterpretation der Rezepte und Anpassung an den Geschmack der Zeit ist in diesem Rahmen noch nicht erfolgt, wird aber angestrebt. Eine fundierte linguistische Analyse ist zum momentanen Arbeitsstand noch nicht erfolgt. Dieses Werk erlaubt einen Einblick in die Speisevorlieben eines Haushalts der gehobenen Gesellschaftsschicht, welcher vermutlich im niedrigen Adel anzusiedeln ist. Hinweise darauf geben einerseits die in den Rezeptanreden genannten Damen, welche durchwegs adeligen Ursprungs sein dürften, andererseits zeigen auch die in den Rezepten verwendeten Zutaten ein gewisses Maß an Wohlstand auf. Neben teuren Zutaten wie weißer Zucker, Eier, Mandeln oder Olivenöl werden auch häufig exotische, importierte Gewürze wie Ingwer, Ambra, Zimt, Nelken oder Muskatblüten verwendet. Weitere Hinweise auf einen adeligen Hintergrund liefern einige Rezepte für repräsentative Schaugerichte.

Die einzelnen Rezepte sind in der Handschrift nicht nummeriert. Die in der Transkription vorliegende fortlaufende Nummerierung wurde nachträglich eingefügt. Die Blätter der Handschrift sind aber jeweils am rechten oberen Rand der Rectoseite fortlaufend nummeriert. Die einzelnen Blätter bzw. Seiten der Handschrift sind in gutem Zustand, es sind nur wenige Abnützungsspuren ersichtlich. Auf der ersten Seite befinden sich an den Rändern bis zur Mitte Wasserflecken, die auf den folgenden Seiten stetig verblassen. Diese Beschmutzung hat aber kaum Einfluss auf die Lesbarkeit des Schriftbildes. Der gute Zustand des Werks stützt die generelle Annahme, nach welcher solch aufwändige Werke schon zu jener Zeit als Wertgegenstand angesehen wurden und möglicherweise kaum direkt in der Küche benutzt wurden.(2)

 

Gliederung der Rezepte

Die Handschrift verzichtet auf eine alphabetische Sortierung der Rezepte oder ein Inhaltsverzeichnis, welches dem Leser das Finden der Rezepte erleichtern würde. Die Form der Rezepttitel weicht von der heute bekannten Überschriftenform ab. Meist besteht der Titel in der Handschrift aus einem kompletten Satz oder einer Nominalphrase. Die Rezepte sind nur grob in thematische Kapitel eingeteilt, deren Abfolge oder Benennung in keiner Weise der heute in Kochbüchern üblichen Gliederung nach Vor-, Haupt- und Nachspeisen nachkommt. Auch innerhalb der Kapitel ist keine spezielle Gliederung erkennbar, beispielsweise stehen bei den Pastetenrezepten Süßspeisen und pikante Speisen in beliebiger Reihenfolge nacheinander. Das gleiche Bild zeigt sich bei der Benennung der Kapitel, wo ebenso keine Formalia bekannt waren. Die Bezeichnungen dürfte der Schreiber selbst erdacht haben bzw. aus den beschriebenen Gerichten abgeleitet haben. Viele der Rezepte ähneln sich in der Zubereitungsweise und variieren nur durch die Verwendung unterschiedlicher Zutaten. Außer dem ersten Abschnitt, der keine Kapitelüberschrift trägt, sind alle Rezepte in Kapitel unterteilt, welche meist mit „Allerley ..." und den in diesem Kapitel verwendeten Hauptzutaten beginnen. Dabei gibt es aber einige Unregelmäßigkeiten. Die in den Titeln genannten Zutaten kommen nicht nur ausschließlich dort vor. Beispielsweise sind Krebs- und Fischrezepte auch in anderen „Kategorien" wie bei den Suppen oder Pasteten zu finden. Weiters findet man im Kapitel „Allerley Supen Zumachen" außer Suppen einen Block mit Knödel und einen mit Sulzrezepten, die aber nicht extra mit einer Überschrift erwähnt werden.

Eine Lagenbestimmung der Blätter sowie eine Analyse der Wasserzeichen, welche Anhaltspunkte für die Herkunft des Schreibstoffes und somit auch für die Herkunft des Werks liefern könnten, wurden zum momentanen Forschungsstand noch nicht durchgeführt, sind aber Gegenstand zukünftiger Forschung. Die Rezepte wurden einspaltig, mit verschiedenen, eher hellen Tinten niedergeschrieben. Die Handschrift des Schreibers ist eine durchwegs gut lesbare deutsche Kurrentschrift. Es wird davon ausgegangen, dass das Buch in einem Guss, also von einem Schreiber, in einem Zug abgeschrieben wurde. In der Anrede zu Beginn des Buches heißt es: „<...> So mir die Frau Von Ehing, zu Einer Absonderlichen Gnadt, hat Abschreiben Lasßen <...>". Deshalb kann davon ausgegangen werden, dass es ein sehr ähnliches weiteres Exemplar geben muss bzw. gegeben hat, eine Annahme, die sich aber noch nicht mit Sicherheit bestätigen lässt. Ebenso unsicher ist, ob das Buch der Frau von Ehing, aus dem ein Großteil dieses Werk abgeschrieben wurde, aus einem Guss gefertigt war. Da immer wieder gehäuft hintereinander Ähnlichkeiten in der Schreibweiseeiniger Zutaten bzw. dem Format einiger Rezepte auftauchen, gilt die Hypothese, dass die Rezepte aus dem Kochbuch der Frau von Ehing, das dem Schreiber als Vorlage diente, von verschiedenen Werken stammen könnten bzw. aus unterschiedlichen Quellen zusammengetragen wurden. Beweggründe für diese Annahme sind weiters die leicht variierenden Rezeptanreden. Größtenteils beginnen die Rezepte mit der Anrede „Nimb ..." und der ersten Zutat. Wenn dies nicht der Fall ist, beginnt die Anrede meist in einigen aufeinanderfolgenden Rezepten mit anderen Imperativen wie beispielsweise mit „schipp" (den Fisch) oder „sied" (die Weixl), was die Annahme stützt. Weitere Rezeptanreden sind beispielsweise „Erstlich nimb...", „Mach ein...", „man murs..." bzw. „man macht..." oder „man soll nehmen...". Abkürzungen, die in der Handschrift verwendet werden, sind im Glossar und im Fußnotenapparat verzeichnet und werden in der Transkription aufgelöst, ebenso wie die Abkürzungen von Maß- und Gewichtseinheiten. Bemerkenswert ist die unterschiedliche Länge und Ausführlichkeit der Rezepte. Manche Kochanleitungen beschreiben in aller Kürze nur die wichtigsten Zutaten und Arbeitsschritte, andere, speziell aufwändige Tortenrezepte, erläutern jeden einzelnen Schritt mit penibler Genauigkeit. In der Literatur gibt es verschiedene Erklärungsversuche und Hypothesen für die Unvollständigkeit mancher Rezepte. Doris Aichholzer geht davon aus, dass Kochbücher dieser Zeit, wie bereits erwähnt, an ein „Fachpublikum" gerichtet waren, bei dem man annahm, dass das nötige küchentechnische Vorwissen vorhanden gewesen ist. Dies würde die Knappheit mancher Anleitungen für einfach zu bereitende Speisen erklären. Weiters vertritt die Autorin die Hypothese, dass besonders in Rezepten für einfachere Speisen nur das Nötigste vermerkt war, da die Aufzeichnungen nur als Gedächtnisstütze für versierte Köche dienten.(3) Köchinnen, vor allem aber Köche, die solche Speisen zubereiten konnten, waren ausschließlich in der gehobenen Gesellschaftsschicht anzutreffen. Daher gilt die Annahme, dass Kochbücher zu dieser Zeit teure Luxusgüter waren und daher der gehobenen Schicht zuzuschreiben sind. Die Kost der „kleinen Leute" war einfach und wenig abwechslungsreich.(4) Dies stützt eine weitere Hypothese, welche auf die geringe Menge an Schweinefleischrezepten in der vorliegenden Handschrift hinweist. Da Schweinefleisch häufig in den unteren Gesellschaftsschichten aufgetischt wurde und oft einfach zuzubereiten ist, gilt die Annahme, dass diese Speisen aufgrund ihrer Einfachheit nicht aufgezeichnet, sondern vor allem mündlich tradiert wurden.

Was bei fast allen Rezepten des „Tiroler Kochbuchs" zutrifft, sind die fehlenden Ausführungen zu Maß- und Zeitangaben. Diese Besonderheit findet sich jedoch in fast allen Kochbüchern aus der Zeit des Mittelalters bis zum Barock und darüber hinaus. Bei der Angabe von Zutatenmengen ist auffällig, dass besonders Gebrauchslebensmittel wie Butter, Schmalz, Mehl, Zucker usw. kaum mit Mengenangaben versehen sind. Auch Gewürze, welche eigentlich als kostspielig gelten, sind kaum mit Gewichts- oder Mengenangaben versehen. Ein Motiv für die fehlenden Angaben könnte die wechselnde Qualität der Würzmittel sein. Da beinahe alle Gewürze importiert werden mussten und so oft lange Transportwege in Kauf genommen wurden, war die Qualität bzw. Intensität der Würzmittel sicher sehr unterschiedlich und so schwer zu generalisieren.(5) Allein bei Eiern bzw. Eidottern wird häufig eine genaue Stückzahl vermerkt. Auf die gleiche, vage Art und Weise wird in den Rezepten mit Zeitangaben umgegangen. Ebenso sind kaum Garzeiten angegeben, im günstigsten Fall findet man die Anweisung „back es so lange bis es braun ist" (frei erklärt). Allerdings muss dabei berücksichtigt werden, dass man im frühen 18. Jh. über keine vollautomatischen Back- und Kochgeräte verfügte, die stets eine gleichbleibende Temperatur garantieren. So war es der Erfahrung und dem Gefühl des Kochs überlassen, wie lang eine Speise gegart werden musste, damit sie tischfertig war.

 

Conclusio

Das „Tiroler Kochbuch anno 1714" ist ein einzigartiges und herausragendes Dokument seiner Zeit. Dass es sich um eine Handschrift handelt, macht es noch wertvoller, da es sich vermutlich um das einzige in genau dieser Arterhaltene Werk handelt.

Es erlaubt Einblicke in die Küche bzw. die Ernährungsgewohnheiten der Barockzeit. Das macht es nicht nur für die Wissenschaft sondern auch für die Kulinarik interessant. Es ist äußerst spannend die barocken Rezepte zu analysieren, sich von den Geschmäckern und Techniken inspirieren zu lassen und diese im modernen Stil neu zu interpretieren. Mit der geplanten Edition des Werks soll es, ergänzt durch wissenschaftliche Ausführungen, auch der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

 

Literatur:

Aichholzer, Doris: „Wildu machen aynguet essen...". Bern, Berlin u.a 1999

Ehlert, Trude: Das Kochbuch des Mittelalters - Rezepte aus alter Zeit, eingeleitet, erläutert und erprobt von Trude Ehlert. Zürich 1991

Pickl, Simon: Das Kochbuch für Maria Annastastia Veitin. Kommentierte Edition einer Kochbuchhandschrift aus dem Jahr 1748 (Bayrische Schriften zur Volkskunde 10). München 2009

 

Tiroler_Kochbuch (63k)

Quellen, Anmerkungen

  1. Vgl. Pickl, Das Kochbuch für Maria Annastastia Veitin, 12.  
  2. Vgl. Aichholzer, „Wildu machen aynguet essen...", 24.  
  3. Vgl. Aichholzer, „Wildu machen aynguet essen...", 29.  
  4. Vgl. Pickl, Das Kochbuch für Maria Annastastia Veitin, 39.  
  5. Vgl. Ehlert, Das Kochbuch des Mittelalters, 15.  
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