Das Kochbuch über die jüdische Küche stellt eine Mischung aus Rezeptsammlung und einer kulinarischen Reise durch Wien dar. Beginnend mit dem Kapitel „Nicht schon wieder gefilte Fisch!" steigt die Autorin gleich mit der Frage ein ob es überhaupt eine jüdische Küche gibt. Die Debatte über diese Thematik ist kontrovers und kann auch von Katja Sindemann nicht befriedigend beantwortet werden. Jedoch stellt sie klar, dass „gefilte Fisch" zu einem Synonym für die jüdische Küche beziehungsweise für das Judentum geworden ist. Durch die Geschichte des Volkes, welche sehr viel mit Wanderung, Vertreibung und Anpassung zu tun hat, entwickelten sich je nach Region unterschiedliche Färbungen der jüdischen Küche. Jedoch gibt es gewisse Gerichte, wie die Challah oder die Goldene Jouch, die überregional gekocht werden und auch identitätsstiftend wirken.
Über diese kurze Einleitung gelangt der/die LeserIn zu dem Hauptthema, der Geschichte der jüdischen Küche in Wien. Hier wird auf acht Seiten kurz und prägnant die Entwicklung der jüdischen Küche in Wien vom biblischen Zeitalter bis in das Mittelalter und über das ausgehende 19. und 20. Jahrhundert skizziert. Der Gegenwart wurde das nächste und somit dritte Kapitel gewidmet. Bevor nun mit dem Kochen begonnen werden kann, informiert die Autorin noch über zwei wichtige Begriffe, oder besser gesagt Sitten des Judentums. Einerseits wird in Kapitel vier geklärt, was es mit Koscher auf sich hat und im Kapitel fünf wird sich dem Sabbat gewidmet.
Die einleitenden Kapitel sind in sich sehr schlüssig und kurz gehalten, geben jedoch einen recht guten Überblick über die jüdische Esskultur und das Leben der jüdischen Bevölkerung in Wien. Die 19 Begleitbilder sind sehr gut fotografiert und fangen entweder typische Speisen oder das Leben ein. Mir persönlich fehlen jedoch hier vor allem Bilderklärungen und der rote Faden.
Die nun folgenden 60 Rezepte sind den großen Festen des jüdischen Jahres zugeordnet. Für jemanden der mit der jüdischen Kultur nicht vertraut ist und deshalb nicht im Vorhinein weiß, welche Speisen zu einem Fest gehören, beginnt nun die große Rezeptsuche. Das Rezeptregister am Ende macht es auch nicht gerade leichter, da ein Laie nicht weiß ob eine Mamaliga nun ein Fisch-, Fleisch- oder Gemüsegericht ist. Für manche mag dies eine Einleitung zum Stöbern sein, für mich bedeutet das eher, dass ich bei den mir bekannten Rezepten, wie dem des Marmorkuchens, bleibe.
Um beim Probekochen aber nicht auf den altbekannten Marmorkuchen zurückzugreifen, pickte ich mir das Rezept für Bejgel/Bagels und den dazu passenden Avocado-Ei-Aufstrich heraus. Grundsätzlich sind die Anleitungen zu den Rezepten einfach und leicht zu verstehen. Einen besonderen Bonuspunkt bieten die originalen Bezeichnungen, welche in Klammer übersetzt werden. Es fehlen aber die Zeitangaben, die zwar meist nur einen Richtwert darstellen, jedoch für die Praxis sehr nützlich sind. Wie oben bereits angedeutet, sind die vorhandenen Illustrationen zwar technisch sehr gelungen, beziehen sich aber nur selten auf die Rezepte oder gar auf das zu erwartende Endprodukt. Wo also keine Vorlage da ist, kann am Ende auch keine Enttäuschung, aber auch nicht wirklich ein gänzliches Erfolgserlebnis entstehen. Darunter leidet die Umsetzbarkeit der einzelnen Rezepte. Meinen Bagels hat dies jedoch nicht geschadet - auch wenn sie die New Yorker Variante nicht ansatzweise schlagen konnten, waren sie trotzdem köstlich.
Zusammenfassend stellt das Buch einen netten Überblick über die jüdische Küche in Wien dar. Wer sich jedoch eine umfangreiche Rezeptsammlung erwartet, wird schnell enttäuscht und sollte die €19,90 besser in ein reines Kochbuch investieren. Trotzdem sollte aber angemerkt werden, dass das Buch einen guten Einstieg bietet, da es die grundlegenden Rezepte beinhaltet und gleichzeitig sehr informativ ist.