Der Kampf gegen den Durst spielte für den Menschen schon immer eine zentrale Rolle. Während man ohne feste Nahrung mehrere Wochen durchhält, überlebt man ohne Flüssigkeitszufuhr nur wenige Tage. Einzig die Luft zum Atmen ist für den Menschen von noch größerer Dringlichkeit. Um ihn physisch zu stärken und psychisch zu erquicken, entstanden in den Anfängen der Zivilisationsgeschichte Bier und Wein. Die Geschichte des Weines ist eng mit der Geschichte der Menschheit verbunden. Hugh Johnson beschäftigte sich damit ein Vierteljahrhundert, ehe die Erstauflage seiner Weingeschichte 1989 zum Klassiker der Weinliteratur wurde. Die Übersetzung in elf Sprachen und die Auszeichnung mit allen wichtigen Weinbuchpreisen zeugt von dessen Anerkennung in der Welt des Weins. Neben seiner Neuauflage sind dem Weinfreund der Große und der jährlich mit einer Auflage von 400.000 Stück erscheinende Kleine Johnson ein Begriff. Auch sein Weinatlas zählt zu den klassischen Nachschlagewerken.
Als Weinkenner, Autor und Historiker behandelt Johnson die Rolle des Weines in sämtlichen Hochkulturen der Geschichte. Er vereint Alte und Neue Welt. Spanien, Italien, Frankreich und Portugal werden ebenso thematisiert wie die ‚neuen' Weinbauregionen Kalifornien, Australien, Chile, Südafrika und Neuseeland. Die kultische Bedeutung des Weines in den Weltreligionen nimmt ebenso einen zentralen Punkt bei Johnson ein. Obwohl viele Kulturtechniken sich bis in die Steinzeit zurückverfolgen lassen, hat einzig der Wein eine sakrale Bedeutung. Verwendung fand der Wein auch in der Medizin als Arznei und Antiseptikum. Beim Briten Johnson zeigt sich eine besondere Affinität zur englischen Weingeschichte. Weinhandel und Weinkonsum spielen eine wesentliche Rolle, weniger der mäßig vorhandene Weinbau auf der britischen Insel. Die britische Vorliebe für den Bordeaux trug auch wesentlich zu dessen Stellung am Weinmarkt bei. Vom österreichischen Wein zeigt sich der Autor allerdings wenig angetan. Trotz riesiger Anbauflächen hatte der Wein der Habsburger am Weltmarkt eine geringe Bedeutung.Das einzige echte Spitzengewächs war der Tokajer - „überhaupt kamen sämtliche besseren Weine der Donaumonarchie aus Ungarn". (Johnson, 2005, S. 209)
Doch muss sich der österreichische Weinpatriot nicht gekränkt fühlen. Hugh Johnson behandelt die Weingeschichte des 20. Jahrhunderts äußerst kurz und oberflächlich.Nicht nur zwei Kriege und der damit verbundene Rückgang des Weinbaus kennzeichneten das letzte Jahrhundert, sondern auch unzählige Innovationen und ein zunehmender Qualitätswettbewerb. Trotz des ständigen Auf und Ab stieg der Wein vom Alltagsgetränk der Mittelmeerländer auf zum Gegenstand intensiven Interesses, Wettbewerbs und Vergleichs. Dennoch lässt sich Johnson die Sachkenntnis über die Weingeschichte nicht absprechen. Seine Anekdoten und ‚Gschichtln' stehen auch nicht im Gegensatz zu einer seriösen wissenschaftlichen Behandlung des Themas. So eignet sich die Weingeschichte nicht nur für den Historiker, sondern auch für den gewöhnlichen Weinliebhaber, der unterhalten werden will. Beide werden beim Lesen der Weingeschichte entdecken, dass man überall in der Geschichte auf die Spuren des Weines stößt.