Unter der Herausgeberschaft von Ursula Schachl-Raber, Leiterin der Universitätsbibliothek Salzburg, hat sich ein kompetentes Autorenteam zusammengetan, einen literarischen Streifzug durch das fürsterzbischöfliche Salzburg ganz aus dem Blickwinkel der Kulinarik zu machen. Christoph Brandhuber, Leiter des Archivs, sowie Beatrix Koll und Diana McCoy, Abteilung für Handschriften und alte Drucke, haben sich eingehend mit Schriften über die Esskultur des barocken Salzburgs beschäftigt und präsentieren in einem handlichen und optisch anziehenden Buch das gelungene Resultat dieser Forschung. Der erste in der Reihe „uni-bibliothek" veröffentlichte Band erschien im Müry-Salzmann Verlag im Mai 2010. Kochkunst und Esskultur im barocken Salzburg ist zunächst eine wahre Salisburgensie, werden zur Darstellung des Themas doch hauptsächlich jene im Bestand der Universitätsbibliothek vorhandenen Koch- und Haushaltsbücher sowie Briefe und Tagebuchaufzeichnungen aus dem 15. bis 19. Jahrhundert herangezogen.
In leicht verdaulichem Stil und sehr kurzen Kapiteln erzählen die Autoren über altbekanntes Schlemmen an der erzbischöflichen Residenz, aber auch über Ess- und Trinkgewohnheiten der großen Salzburger Klöster. In einem ausgewogenen Verhältnis von Text und Bild geht es von der streng wirtschaftenden Äbtissin vom Nonnberg über die Jagdgewohnheiten des Abts von St. Peter bis zu den akribisch verzeichneten Lebensmittelspenden an die Franziskaner. Kurioses und Skandalöses ging auch in die historischen Aufzeichnungen ein und schmückt die vorliegende Publikation mit so manchem „Schmankerl". Gerade Briefe und Tagebuchaufzeichnungen geben ein anschauliches Bild vom Treiben am Hofe, über Tischsitten und Tafelsilber wird berichtet. Hatte Wolf Dietrich von Raitenau seine Mätresse Salome Alt jeden Tag an der fürsterzbischöflichen Tafel an seiner Seite, so waren bei Siegmund Christoph Graf von Schrattenbach die Damen völlig von der Hoftafel verbannt und durften, wie sonst üblich, auch nicht an Festtagen anwesend sein. Darüber hinaus erfahren wir einiges über das „Streit- und Zankverbot" in der Küche aus der „Kuchlordnung" des Erzbischofs Andreas Jakob Graf von Dietrichstein. Ein Kapitel ist dem angesehen Beruf des Aufschneiders gewidmet. Der Trancheur war ein wahrer Meister seines Faches, wenn er das Fleisch in der Luft zu schneiden wusste. Da die Gabel wegen Ähnlichkeit zu dem vom Teufel verwendeten Instrument lange verpönt war, galt es als besondere Herausforderung, die Gäste mit einer ans Spektakuläre reichenden Tranchierkunst zu beeindrucken. Zwei Tranchierbücher aus dem Bestand der Universitätsbibliothek zählen zu den bedeutendsten Werken der Tranchierkunst des 17. Jahrhunderts.
Zu den interessantesten historischen Kochbüchern der Universitätsbibliothek, die hier vorgestellt werden, gehören sicher jene von Conrad Hagger und Max Rumpolt sowie das erste von einer Frau verfasste Kochbuch von Anna Wecker.
Gegen Ende dieser Veröffentlichung verlassen die Autoren zunehmend das barocke Salzburg und vertiefen sich ganz allgemein in die Welt der großen höfischen Köche und deren Werke. Das ebenfalls im Bestand der Universitätsbibliothek erhaltene Kochbuch von La Varenne, der hier als Wegbereiter der „Haute Cuisine" genannt wird, stammt übrigens aus dem Nachlass des Fürsterzbischofs Franz Anton von Harrach. So schließt sich der lukullische Reigen, der bei den Salzburger Bischöfen begonnen hat und bei den ganz großen französischen Köchen endet.
Der wissenschaftlich gut recherchierte Band ist für den Kulturhistoriker sicherlich genauso interessant wie für den Freund des Salzburger Barocks und auch der Gastrosoph mit Hang zu historischen Kochbüchern wird seinen Leseschmaus haben. Im Zusammenhang mit der Erforschung von historischen Kochbüchern könnte der vorliegende Band sogar einen kleinen - auf Salzburg bezogenen - Beitrag leisten, da die ausführlichen Quellenangaben einen zusätzlichen Fundus darstellen.