Kennen Sie den? Frage an Radio Eriwan: „Ich möchte Ente Orange zubereiten. Ich habe aber nur ein Stück Schweinsbraten und ein paar Äpfel. Kann ich trotzdem Ente Orange zubereiten?" Antwort von Radio Eriwan: „Im Prinzip ja - es schmeckt nur ein bisschen anders." OK, die Jüngeren unter Ihnen finden in Wikipedia Informationen dazu, was die Radio-Eriwan-Witze waren. Diesen liebe ich besonders. Was zum Thema des vorliegenden Buches überleitet: Im Prinzip kann man österreichische Küche auch mit Sojasauce machen, es schmeckt nur ein bisschen anders. Die Frage ist, ob die essende Menschheit das auch braucht.
Und der Edition A la Carte gelingt eine erstaunlich positive Antwort: Ja, die Zusammenstellung von rund 80 etwas oder ganz neu interpretierten Klassikern der Wiener Küche animiert zum Nachkochen. Jedes Rezept ist mit einem sorgfältig gestalteten Photo versehen, die graphische Aufmachung ist äußerst übersichtlich, und ergänzend zu den Rezepten gibt es nette Kommentare, die das Rezept in einen kulturellen Kontext einordnen oder Tipps bereithalten. Damit wird deutlich, welche Zielgruppe angesprochen ist: ambitionierte Hobbyköche mit Bezug zur österreichischen Esskultur, die für neugierige Gäste oder Familienangehörige kochen und mit dezenten Überraschungen aufwarten möchten. Es mag auch sein, dass manch eine/r die österreichische Küche gar nicht mehr aus dem Efef beherrscht; da sind smalltalkfördernde Infos eingebaut wie jene, was ein Gulasch denn zu einem „Fiaker-Gulasch" macht.
Das Buch ist sorgfältig lektoriert und übersichtlich aufgebaut, auf eine Produktinformation zur Geschichte und Herstellung der Sojasauce folgt der Rezeptteil, es gibt ein Glossar österreichischer Küchenbegriffe mit deutscher Übersetzung, ein Register aller Rezepte und zum Schluss eine Produktparade der Kikkoman-Saucenvarianten. Die meisten Rezepte sind von den renommierten österreichischen Köchen/-innen, die als Autoren auftreten. Einige der Rezepte sind auch gekennzeichnet als Entwicklungen der Kikkoman-Rezeptküche. Diese Transparenz wirkt vertrauensbildend: da macht ein Sojasaucenhersteller auf eine faire Art Werbung, es bleibt sichtbar, dass das Buch als Kooperation zwischen Saucenproduzent und saucenverwendenden Köchen/Köchinnen entstanden ist.
Die Rezepte reichen von Suppen über Vor- und Hauptspeisen bis zu Desserts. Die Sprache ist wirklich durchgehend „österreichische Küchensprache", und das ist: eine Wohltat! Die Rezensentin erlaubt sich etwas Küchenchauvinismus an dieser Stelle, sind es doch in den meisten Fällen wir Alpenbewohner/-innen, die in Kochbüchern von Quarkküchlein, Klößen und Pfifferlingen lesen müssen. Stellen Sie sich „Hähnchenbruststreifchen in Panade mit Kartoffel-Feldsalat-Salat" vor - würden Sie nicht auch ganz gerne auf dem Teller haben: „Backhendl mit Erdäpfel-Vogerlsalat"? Und dann eine Art Mohr im Hemd, der aber - der politischen Korrektheit geschuldet? - nun firmiert unter „Schoko-Soja-Souffle"? Wie auch immer: Guten Appetit, äh: Mahlzeit!