Die Autorin verweist in der Einleitung darauf, dass über 4400 Kochbücher und mehr als 320 Bücher zur Ernährung „im Allgemeinen und Besonderen" vorliegen, jedoch solche aus einer gesellschaftswissenschaftlichen Perspektive fehlten. Schirrmeister will „die verschiedenen Ausprägungen des Essens als Handlung und als Gegenstand, die diversen symbolischen Bedeutungen des Essens in einer vorwiegend kommunikationssoziologisch" ausgerichteten Sichtweise darlegen (S. 10). Begonnen wird mit den physischen Voraussetzungen, es folgt eine Abhandlung über den Geschmackssinn, dann wird die historische und kulturelle Entwicklung des Essens bis zur Gegenwart gezogen. Im zweiten Teil geht es um religiöse Einflüsse, Verhalten bei Tisch, Inszenierungen von Speisen und geschlechtsspezifische Ausprägungen. Der vierte Teil enthält eine Abhandlung über Schokolade.
In einem veritablen „Parforcesritt" (!) wird in 5 Seiten der Geschmackssinn, dann mit Simmel das Essen als soziales Tun abgehandelt, Tisch und Speisezimmer sind auf drei Seiten beschrieben, um dann zur kulturellen Entwicklung der Essenszubereitung zu kommen. Auch hier geht es sprunghaft über Stock und Stein, manche Aussagen, nicht belegt, verwundern, etwa dass den Frauen „der Genuss von Gewürzen untersagt" gewesen sein soll (S. 40), wie die uralte Mär, dass die Gewürze „den Verzehr selbst verdorbener Nahrungsmittel ermöglichen, indem sie den üblen Geschmack überdeckten". Aussagen analoger Qualität betreffen das Essen mit dem Messer bzw. das Abwischen der Finger. Das knappe Kapitel über das Kochbuch zeigt exemplarisch, was pure Kompilation zustande bringt: Schirrmeister erwähnt das Rezeptbuch „de honesta voluptate" von Platina Cremonensis, der es 1487 in italienischer Sprache verfasst habe, und verweist in der Fußnote auf Lemke, der „1474 als Erscheinungsjahr" nenne. Das bleibt einfach stehen. Nähere Beschäftigung mit der Materie hätte gezeigt, dass die ursprüngliche lateinische Fassung von Platina 1474 erschien, eine italienische 1487, dann die deutsche 1542. Der lange Zeitraum bis zur deutschen Übersetzung wird damit erklärt, „gutes Essen und die Reflexion" darüber habe in diesem Land nicht die „Priorität" besessen! Die Überlegung, dass die Schichten, die Platina ansprach, Latein konnten, somit keiner Übersetzung bedurften, bleibt außer Betracht. Nach Schirrmeister waren die Autoren der Kochbücher bis ins 18. Jahrhundert „ausschließlich Dienstboten". Der Blick in ein beliebiges Kochbuch aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts hätte die Irrlehre korrigiert, dass im englischsprachigen Kochbuch von Beeton aus dem Jahre 1861 „zum ersten Mal Mengen und Kochzeiten formuliert" würden. Dass Schnecken und Schildkröten „typische Fastenspeisen" seien (S. 86), hätte man auch gerne belegt, ebenso wie, dass der französische Service aus orientalischer Tradition stamme (S. 91). Was das eigentlich Kommunikationssoziologische ist, wie das Symbolische zum Ausdruck kommt, all das wird nicht herausgearbeitet. Das einschlägige Werk von Karmasin fehlt zudem. Dafür gibt es einen Exkurs zum Kannibalismus, einen langen zur Schokolade, der nicht so recht zum Ganzen passt. Hier liegt eine wenig reflektierte Kompilation vor, eine Art „Readers Digest"-Version einer Kulturgeschichte, etwa von Freedmans Geschichte des Geschmacks. Wer sich die Lektüre eines solchen Werkes nicht zumuten will, kann zu diesem Werk greifen, das viele Fakten oberflächlich aneinanderreiht.