Mit dem „Neuen Getreidekochbuch" versuchen die beiden Autoren, Helma Hamader und Johann Reisinger, einen Zugang zu dem wertvollen Nahrungsmittel Getreide zu geben. Sie wollen damit bewusste Genießer mit raffinierten Rezepten ansprechen.
Auf insgesamt 96 Seiten werden mehr oder weniger vergessene, aber auch bekannte Getreidearten vorgestellt. Die ersten beiden Kapitel widmen sich ganz der Werbung - Getreide soll im besten Licht dargestellt werden. Jeder nennenswerte Aspekt, von der Ernte über den Wert bis hin zur Getreideküche, wird hier angesprochen. Zusätzlich werden rote Felder mit dem Themengebiet „Gastbeitrag" und „Persönliches" geboten. Dies ist zwar ein netter Einschub, der sicher als Auflockerung gedacht war, für mich aber den Lesefluss stark aufhält und die Optik des Buches unübersichtlich macht.
Die beiden Kochbuchautoren haben eine recht einfache und klare Sprache gewählt, die den Zugang zur umfangreichen Thematik erleichtert.
Die 57 vorwiegend selbst kreierten Rezepte verteilen sich auf die Kapitel „Getreidevielfalt für Körper, Seele & Geist", „Getreidevielfalt für die Küche", „Getreide im Porträt", „Brot & Gebäck" und „Mehlspeisen & Kekse". Dazwischen stehen immer wieder verschiedene Beiträge über das wichtige Grundnahrungsmittel. Die Kochanweisungen für die Rezepte sind prägnant und vollkommen ausreichend. Nur die Beschaffung der Zutaten stellt sich, trotz nützlichen Tipps und Adressen, bei manchen Rezepten schwierig, dar. Ein weiterer kleiner Minuspunkt ist die Anordnung der Rezepte, die nicht auf Anhieb klar ersichtlich wirkt. Das Rezeptregister am Ende verschafft hier mehr Übersicht.
Da ich persönlich mit dieser Art von Küche, wie wahrscheinlich die Meisten, weniger vertraut bin, habe ich für den Praxistest die „Muffins aus Einkorn" auf der Seite 82 ausgewählt. Schließlich bin ich schon lange auf der Suche nach einem unkomplizierten, aber trotzdem schmackhaften Brotbackrezept. Mit großem Respekt und trotzdem hohen Erwartungen ging ich ans Backen. Der Zubereitungsvorgang war in wenigen Minuten erledigt und schon bald duftete es nach köstlichen, frischen Brotmuffins. Als dann noch der Geschmackstest mehr als positiv ausfiel, verbrachte ich etwas längere Zeit mit der Produktion verschiedenster kleiner Brötchen, die sich noch zusätzlich sehr gut einfrieren lassen. Das Rezept ist nicht nur für Kochneulinge ideal, sondern auch für kochfreudige Kinder bestens geeignet und macht Lust auf mehr. Die Illustrationen von Miguel Dietrich rücken die oftmals falsch verstandene Körnerkost in ein neues Licht. Besonders gut gefällt mir die Art der Darstellung, keines der Bilder ist künstlich verschönert und somit sind keine Enttäuschungen beim Zubereiten vorprogrammiert. Somit wirken selbst die Bilder authentisch und passen gut in das Konzept.
Das Autorenteam hatte viele gute Ideen für ihr Werk, es macht aber den Eindruck, als wäre der Platz nicht ausreichend gewesen und deshalb wurde jeder Zentimeter ausgereizt. Dadurch gehen einige Dinge auf den ersten Blick verloren und könne im schlechtesten Fall einen Neuling von dem sehr spannenden und informativen Getreidekochbuch abbringen. Dies ist der einzige grobe Kritikpunkt, denn, ob Einsteiger oder Profi, bei genauerer Betrachtung werden Beide einige AHA-Erlebnisse entfalten. Zusätzlich zu den kulturgeschichtlichen Anekdoten und genauen Erklärungen der Getreidesorten finden sich in diesem Kochbuch äußert tolle und einfache Rezepte, die sich sogar zum Kochen mit und für Kinder bestens eignen.