Die Geschmacksprägung beginnt beim Neugeborenen. Frühe Gefühle spielen eine wichtige Rolle. Geschmack wird zum „komplexen anthropologischen Geschehen". Dieser ist „kulturell codiert", wird durch Sozialisation vermittelt. Im übertragenen Sinn drückt er „ein symbolisches Verhältnis zu sich, den Mitmenschen und der Welt körperlich aus". Geschmack klassifiziert im Urteil: angenehm und unangenehm für sich und auch die Menschen. Für Geschmacksbildung werden idealtypisch fünf Modelle unterschieden, von individuell subjektiven über soziale bis hin zu phänomenalen Modellen. Jörg Zirfas greift in: „Die Tischgemeinschaft als ästhetisch-moralische Anstalt. Über Bildung, Geschmack und Essthetik" Überlegungen von Harald Lemke auf und stellt heraus, dass erst um 1700 Geschmack „zu einem Leitbegriff persönlicher Lebens- und Umweltgestaltung" wurde. Damit wird er auch zu einer „ästhetischen Kompetenz", die Reflexion einer „schmeckenden Unterscheidung". „Von individueller Leiblichkeit und sozialer bzw. kultureller Allgemeingültigkeit" wurde er „zu einem universellen ästhetischen und kulturellen Generator". Er drückt „Differenz und Identität" aus. Am Esstisch werden „die wichtigsten kulturellen und ästhetischen Codierungen... pädagogisch geformt." So wird das Essen zur pädagogischen Veranstaltung „der gemeinsamen Selbstbeherrschung.". Von daher liegt nahe, eine essthetische Bildung und ein geschmackvolles Wissen zu fordern. Es braucht eine „gastrosophische Pädagogik". Das kann dann zur Lebenskunst führen. Eckart Liebau bringt einen historischen Abriss über die Geschichte der Benimmerziehung, deren Ziele und Zwecke. „Regeln ohne Moral, ohne moralische Perspektive" tragen nicht und sie sind auch nicht legitimierbar". Weitere Aufsätze beziehen sich auf „Geschmacksfragen an das aktuelle Theater", warum man heute noch ins Theater geht und es keine „moralische Anstalt" im Lessingschen Sinne mehr sein kann. Vielleicht machen wir das aus dem Grund, weil Fragen aufgeworfen werden, die man sich sonst nicht stellt. Auch die Beschaffung und Nutzung eines Autos hängen von Geschmacksbeurteilungen ab. Und von diesen werden die Kriterien wieder auf andere Gegenstände übertragen. Weitere Beiträge handeln über musikalischen Kitsch, über Vertonung von „In dulci jubilo", über Japan und den „Geschmack einer fremden Kultur", sowie über „religiösen Geschmack". Es ist allemal wert, Geschmack zu diskutieren, sich einen eigenen zu bilden und diesen auch vertreten zu können.