Zunächst sitzt der Schock der wohlstandsverwöhnten Rezensentin tief: 4,35 Euro Nahrungsbudget - am Tag! 365 Tage lang! Das ist der (seit damals um wenige Cent angehobene) Betrag, mit dem Empfänger des Arbeitslosengeldes in Deutschland kalkulieren müssen. Das wäre schon kaum zu schaffen, wenn man sich ernährungsmäßig aufgibt und nur noch billigstes Junkfood hineinschaufelt oder gleich von fester Nahrung auf flüssige billige alkoholische Kalorien wechselt ... sehr wohl jedoch, wenn man so flink, ausdauernd, forsch die Sache angeht, wie Rosa Wolff es tut.
Ihr Selbstversuch lässt einen anteilnehmen an epikureisch-schlichten Freuden (lobte jener Philosoph doch, welche Delikatesse schon einfachste Nahrungsmittel seien, wenn man nur genug Hunger habe), man lernt raffiniert-schlichte Lösungen für kulinarische Probleme aus der unbekannt gewordenen Welt der beschränkten Verfügbarkeit von Zutaten kennen, und Reflexion über all das kommt auch nicht zu kurz.
Ein für allemal ist mit Wolffs Expedition in die Mitte des Prekariats nachgewiesen: Bio kann sich auch ein Hartz-IV-Empfänger leisten. Die Nebenwirkungen: deutlich höherer Organisationsaufwand, deutlich weniger Fleischkonsum, bessere Gesundheitswerte, aber als Voraussetzung auch: deutlich mehr Wissen und Know-how, als Ottilie Normalverbraucherin heute in Ernährungsdingen mitbringt.
Damit wird „Arm aber Bio!" zum Kultbuch und zum Rezeptefundus - inzwischen gibt es noch einen Ergänzungsband mit Rezepten. Indirekt ist das Buch aber auch ein lauter Appell, das Wissen um gute, selbst bestimmte Ernährung in unserer Gesellschaft zu fördern.