Sie wollen Silber putzen, ohne teure Chemie zu verwenden? Sie wollen Ingwereis zubereiten, ohne extra eine Eismaschine anzuschaffen? Sie wollen sich in der häuslichen Produktion von Frischkäse oder Tomatenketchup erproben? Sie wollen Kartoffeln pflanzen, haben aber nur Platz auf dem Balkon? In diesem reich bebilderten Quartband auf 175 Seiten finden Sie viele Antworten und Anregungen, gesammelt in einem langen Leben, bestimmt von (groß-)mütterlicher Tradition, dem Zwang zum Improvisieren einer geldknappen jungen Mutter und der Freude an einer guten Hauswirtschaft im hergebrachten Sinn.
Der eindrucksvollste Aspekt dieses Buches: Jedes, wirklich jedes Rezept, jeder Tipp ist selbst ausprobiert. Dadurch erreicht Vivienne Bolton eine Authentizität wie sonst nur Jamie Oliver. Der englische Originaltitel, „From Mother to Daughter", ist jedoch in mancher Hinsicht ehrlicher als der deutsche Titel:
Erstens, was den Stil betrifft: Bolton ist keine modische manufactum-Autorin, vielmehr kommt oft der Ton einer Großmutter durch, die ganz genau weiß, wie es geht, und selten an mehr als pragmatischen Erklärungen oder gar einer Diskussion über Alternativen interessiert ist. Diesen gelegentlich betulich-betüddelnden Tonfall muss man mögen. Nur einmal behält Enthusiasmus die Oberhand, nämlich in der Einleitung zum Kapitel über Wild.
Zweitens schleppt die Autorin einiges an Küchen-Esoterik mit, etwa die These, man könne das Hartwerden oder Verschimmeln von Weichkäse vermeiden, wenn man ihm unter der Käseglocke ein Stück Würfelzucker zur Gesellschaft gebe, oder die Anweisung, Salat zu säen „an einem sonnigen Tag bei abnehmendem Mond". Das ist für heutige Leser schwer verdaulich, wenn keine Begründungen gegeben werden, und passt auch nicht zum deutschen Untertitel, wo von „Wissen" die Rede ist.
Drittens sind manche Kleinigkeiten technisch ergänzungsbedürftig, z.B. spricht Bolton von einer „neuen Pfanne oder Wok", ohne zu spezifizieren, dass sie Gusseisen-Modelle meint, oder sie verkündet, ein Waffeleisen sei nicht einzufetten, ohne zu spezifizieren, dass dies nur bei modernen Teflon-Modellen funktioniert.
Viertens hat die Übersetzerin nicht durchgehend mit derselben erfreulichen Konzentration gearbeitet: Einmal ist von „Borscht" (p. 97) die Rede, wo Borschtsch gemeint ist, einmal wird sinnfrei formuliert: „Wenn die Mayonnaise konsistenter wird ..." (p. 32), und die Idee, Marmelade mit „Pergament" zu verschließen (p. 167), ist wohl der Unkenntnis von Einsiedehaut (bundesdeutsch: Einmach-Zellophan) geschuldet.
Wer für originell und original gelebten Landhausstil aus erster Hand schwärmt und Freude an einer wirklich holistischen Form von Hauswirtschaft hat - von Sorbets bis Waschtag, von Huhn bis Frühjahrsputz -, dem sei dieser Adalbert Stifter unter den Haushaltsratgebern ans Herz gelegt.