Wenn in einem Jahr an die 200 Kochbücher zu bewerten sind, bleiben wenige nach dem Versuchskochen in der Küche liegen. Dafür müssen die Rezepte spannend und anregend sein. Dieses Werk gehört dazu. Die Aufmachung ist gediegen, die Fotos sind instruktiv und realistisch, sichtlich nicht nachbearbeitet. Die beiden Köche setzen sich auch nicht groß in Szene - und lächeln von jeder zweiten Seite wie anderweitig zu beobachten. Otto Lenghi gibt es seit nunmehr 10 Jahren als eine Mischung aus Feinkostgeschäft mit Patisserie und einer Art von Bistro, mittlerweile mit vier Filialen und einem „richtigen" Restaurant. Hier mischen sich die diversesten Einflüsse, die sich aus der Familientradition erklären, aus italienischen Großeltern, einer deutschen Großmutter, einer Kindheit in Israel, einen palästinensischen Partner, der die Traditionen der arabischen Küche mitbringt. Auf glückliche Weisevermischt sich Mediterranes mit Orientalischem. Das macht nicht nur Großkritiker, wie Dollase, glücklich, der hier die von ihm gewünschte Kombinatorik von Texturen, Strukturen, Aromen vorexerziert und umgesetzt bekommt. Es ist eine frische Küche, alles wird am Tag zubereitet, Kühlung abgelehnt und auch bei den Rezepten darauf geachtet, dass sie leicht und gut umsetzbar sind. Dazu tragen auch die detaillierten Angaben mit den Zutaten und der ganz detailliert beschriebenen Zubereitung bei. Manche Rezepte, wie der Schokoladenkuchen oder die Focaccia, erfordern auch einmal 2 Tage Arbeit, aber sie sind der Mühe wert. Der Backteil ist sehr angelsächsisch, mit den Brownies und den Cupcakes. Französischen Einfluss sieht man bei den Baisers und den Macarons, die dann allerdings auf individuelle Weise umgesetzt werden. Die Küchenlinie wirkt frisch, anregend und bunt. Einen Eindruck geben die Bezeichnungen der Rezepte, Pfirsich-Specksalat mit Orangenblütendressing, Fenchel, Feta-Salat mit Granatapfel und Sumach. Die Beschaffung der Zutaten, vor allem der Gewürze, stellt hierzulande vor keine Probleme. Die Umsetzung scheitert auch nicht an der Kochkompetenz, die Ansprüche sind nicht sehr hoch. Es liegt in etwa auf der Jamie Oliver- Linie. Jeder findet etwas für seine Geschmacksrichtung, auch die Vegetarier. Für uns zählt es zu den inspirierenden Kochbüchern.