KIRCHMAIER Angelika: Xunde Jause! 300 kunterbunte Ideen und Rezepte für Schule, Arbeit und Freizeit. Tyrolia, Innsbruck 2011
Martina RAUCHENZAUNER.
Angelika Kirchmaier ist Diätologin und Gesundheitswissenschaftlerin, aber auch bekannt für ihre wöchentlichen Beiträge zur Ernährung im ORF Radio Tirol. „Xunde Jause" ist bereits ihr fünftes veröffentlichtes Kochbuch, wobei sie großen Wert auf die Berücksichtigung von Diabetikern legt. Auch in ihrem neuen Kochbuch über die Gesunde Jause gibt sie Alternativen für Diabetiker an, welche leicht verständlich und ohne große Umstände realisiert werden können. Ebenso berücksichtig werden Personen, die an einer Gluten-Unverträglichkeit leiden. Ein braunes Symbol soll helfen, die Rezepte zu erkennen, welche Gluten-frei konzipiert wurden, aber auch bei Rezepten mit Gluten werden Hinweise gegeben, diese durch glutenfreie Produkte zu ersetzen. Einen weiteren Pluspunkt stellen die Hinweise auf falsche Werbeslogans, zusätzliche Aromen und Imitate von Lebensmitteln dar, womit zu Beginn klar gestellt wird, was eigentlich „gesund" bedeutet.
Als Gegenteil einer gesunden Ernährung wird von der Autorin das Beispiel der 700 kcal schweren Nussschnecke gewählt. Betrachtet man aber die informativen Nährwerttabellen im Buch, so fällt auf, dass ein „Crunchy-Müsli" pro 100 Gramm 774,40 kcal aufweist. Dabei stellt sich nun die Frage, ob denn das Müsli nun in Bezug auf die Kalorien gesünder sei? Ein weiterer Tipp für die gesunde Jause ist Obst, welches als „perfekter Gesundheitsausgleich" bezeichnet wird, aber Vorsicht, nicht zu viel vom gesunden Obst, denn Fruchtzucker ist nicht gesünder als normaler Haushaltszucker. Obst nun als Jause; ja oder nein? Ebenso werden Nüsse als besonders gesund beschrieben; aber Achtung: sehr fettreich!
Zum Rätseln geben auch einige Zubereitungstipps auf. Ein Vollkorn-Baguette arrangiert in Gestalt einer Schlange oder eines „Wurstfingers" als Snack für ein Meeting im Job: Erwachsene würden das Geschäftstreffen vermutlich mit einem Kindergeburtstag verwechseln, ebenso wenn einen das Brotgesicht „Grünzeug-Hugo" oder „Didlinde" vom Teller anlacht. Kreative Einfälle wie „Käsefüße", welche mit Hilfe von Keksausstechern in Form gebracht werden, verursachen eine große Menge an Resten, was in der heutigen Wegwerfgesellschaft vielleicht hinterfragt werden könnte. Etwas kritikwürdig ist dieser Tipp hinsichtlich der schnellen und frischen Zubereitung: Eine berufstätige Mutter findet am Morgen wohl kaum die Zeit, ihrem Kind einen „Grünzeug-Hugo" oder „Käsefüße" zuzubereiten, vor allem, da diese ihre Form durch das Transportieren in einer Dose ohnehin nicht behalten. Ungeeignet für die Schuljause gestalten sich auch die Brotspieße, diese stellen für Kinder durch die verwendeten Metallspieße und Zahnstocher eher eine Gefahrenquelle dar.
Nicht verständlich erklärt wird die Zubereitung des Pudding-Grundrezeptes: „Die restliche Milch mit dem Puddingpulver, den gemahlenen Gewürzen und bei Verwendung von Kakaopulver mit dem Kakaopulver verrühren." Bei den Zutaten findet sich kein Puddingpulver sonder Maisstärke. Sollte man nun Maisstärke, oder doch Puddingpulver verwenden, und sollte das Puddingpulver noch zusätzlich mit Gewürze und Kakaopulver vermengt werden?
Weitere Tipps sorgen ebenso für Verwirrung: „Der Teig soll ab dem Zeitpunkt des Zusammenrührens innerhalb von 3 Minuten im Backrohr sein, da sonst das Backpulver die Wirkung verliert und der Kuchen nicht mehr so schön aufgeht." Weder Produzenten von Backpulver weisen auf den Wirkungsverlust von Backpulver nach 3 Minuten hin, noch kann diese These auf Grund von Backversuchen bestätigt werden. Oder auch die Tipps zum Aufbewahren im Tiefkühlschrank: „Bereiten Sie einen Obstteller aus Tiefkühl- und Frischobst vor. Kinder lieben das etwas an-, aber noch nicht ganz aufgetaute Obst." Ist das so? Schmunzeln verursacht der folgende Ratschlag der Diätologin: „Flocken, z.B. Haferflocken, Mehl, z.B. Vollkornmehl, Trocken-Müslimischungen, Brösel, Nüsse, z.B. Walnüsse, Samen, z.B. Sesam, Mohn, Kokosflocken: Wie Trockenlebensmittel, auch ein Tiefkühlen ist möglich." Ob dieser Hinweis der Verpackungsanleitung „Trocken lagern" gerecht wird...?
Besonders auffällig ist, dass die Autorin besonders Wert auf fettarme Küche legt. Butter und Öl finden sich in kaum einem Produkt wieder. Aber auch bei weiteren Produkten wie Joghurt, Buttermilch, Frischkäse wird darauf hingewiesen, fettarme Produkte zu verwenden. Fett ist Geschmacksträger und verhilft vielen Produkten zu einer festeren Konsistenz, so zum Beispiel bei Joghurt und Käse. Mager-Joghurt würde sich verflüssigen und hat kaum einen Geschmack, daher werden Aromastoffe und Stabilisatoren beigemischt. Gegen solche künstlichen Zusatzstoffe spricht sich die Autorin am Beginn ihres Buches aus, aber bei den Rezepten verweist sie auf die Mager-Produkte.
Das Konzept der fett- und kalorienarmen Küche zieht sich durch das gesamte Kochbuch. Immer wieder werden Hinweise gegeben, wie man noch mehr Kalorien durch das Austauschen von Lebensmitteln einsparen kann, somit entspricht es dem Trend des Magerwahns; aber ist dies noch gesund?
Zu einer gesunden Ernährung gehört ausgewogenes Essen und ein Bewusstsein, was der eigene Körper braucht. Hierbei kann das Kochbuch zum Teil Wissen vermitteln. Doch zu einer gesunden Jause gehört auch Geschmack sowie Freude am Essen und nicht nur das Kalorienzählen.
