Das Werk gliedert sich in mehrere Blöcke, der erste behandelt den Hunger in der Welt, wie die Philosophen darüber dachten und denken und wo deren Grenzen liegen. Im zweiten Block geht es um den Kampf für die Ernährungssouveränität, im dritten um „Urban Gardening" und dessen politische und soziale Bedeutung. Ein weiterer Teil beschäftigt sich mit Slow Food, der Erfolgsstory, aber auch den Mängeln der Bewegung. Der letzte Teil widmet sich Peter Singer als Gastroethiker, geht auf die Stärken und Schwächen seiner Philosophie ein. Somit ergibt sich eine Bestandaufnahme gegenwärtiger Praktiken, gegenwärtiger Philosophie, mit einer kritischen Würdigung von Stärken und Schwächen, um mögliche theoretische Ansätze, aber auch Lösungen durch praktisches, gerade eigenes Handeln zu bestimmen.
Lemke betont, Essen sei politisch. Denn „jedes Lebensmittel und jeder Essakt" stellt komplexe Beziehungen zwischen Menschen und nichtmenschlichen Lebewesen und Realitäten her. Die westliche Spendenethik sei nicht besonders überzeugungskräftig, sie könne die globale Ungleichheit nicht beseitigen, die durch ungerechte Wirtschaftsbeziehungen zwischen Erster und Dritter Welt entstehen. Denn die reichen Länder konsumieren den Großteil der Nahrungsmittel der Dritten Welt. Regierungen der mächtigen Staaten, die Verfechter des freien Handels versperren den freien Marktzugang, eine faire marktwirtschaftliche Preisbildung.
Wer als Konsument minderwertige und billige Lebensmittel kauft, macht sich zum Teil dieses ungerechten Wirtschaftssystems. Solche aus fairem Handel zu kaufen, ist ein aktiver und zugleich politischer Schritt. Ein weiterer Schritt wäre das Bewusstsein, dass die Erde allen gehöre und deswegen der Preis der Ausbeutung auf die Produkte aufgeschlagen. Die Diskussion über den „gerechten Preis" kann nicht fehlen. Supermarktwaren sind nur billig, weil die vollen Kosten „ihrer ökologischen und sozialen Voraussetzungen und Folgen" in ihrem Preis nicht enthalten sind. Das „politische Gärtnern", das Anlegen von Gemüsebeeten in den Städten, ist eine soziale, aber auch eine politische Bewegung und wird durchaus ihre Wirkung zeigen. Das Entwicklungspotential einer Stadt von Unten her, wird künftig eine größere Rolle spielen.
Seine Ausführungen zur übergewichtigen Bevölkerung verdienen Aufmerksamkeit. „Die Fettleibigen unserer Zeit verkörpern nicht die Abweichung von der Norm, sondern ganz im Gegenteil von deren Überanpassung: In ihnen manifestiert sich die unförmige und wuchernde Konvergenz zwischen einer archaisch-primitiven Glückserfüllung - der Völlerei - und einer äußerst zeitgemäßen Pflichterfüllung - nämlich der tagtäglichen Bereitschaft der meisten, der allgemein gültigen Norm des unersättlichen Konsums zu entsprechen. In einer Gesellschaft der Überproduktion bedarf es nicht länger gefügiger und arbeitsamer Körper, sondern gehorsam konsumierender Körper". Der soziale Frieden unserer Gesellschaft hänge vom „täglichen Vergnügen des Schlemmens und Völlerns, von der Zufriedenheit der Gestillten, der mit billigen Lustangeboten stillgestellten Masse" ab. Der Supermarkt verhilft dazu.
Wir sollten nach den Gesichtspunkten der ökologischen Nachhaltigkeit, der globalen Gerechtigkeit und unseres eigenen kulturellen Wohllebens konsumieren. Es sieht so aus, als ob Slow Food sich diese Punkte auf seine Fahne geschrieben hätte. Lemke geht auf die Ideologie und die Entwicklung von Sow Food ein, zeigt die Verdienste macht aber auch die Defizite, nämlich eine gewisse Hierarchisierung, die nicht gelebte Demokratie deutlich. Zudem richtet sich die Slow Food Philosophie „nicht an die Allgemeinheit" sondern eher an „Nahrungsproduzenten" als potentielle „Ökogastronomen" (S. 266). Zudem finde eine kritische Auseinandersetzung mit dem kulinarischen Alltagsleben kaum statt.
Der Grundsatz von Peter Singer: „Wenn es in unserer Macht steht, etwas Schlechtes zu verhindern, ohne dabei etwas von vergleichbarer moralischer Bedeutung zu opfern, so sollten wir dies, moralisch gesehen tun" wird diskutiert, anschließend die Frage, worin ein gutes Leben besteht und wie wir dazu kommen. Dazu werden Überlegungen von Singer kritisch hinterfragt. Die Konsequenzen am Ende des Werkes sind durchaus lustvoll. Selbst und gemeinsam zu kochen, bei der Auswahl der Lebensmittel auf Qualität zu achten und ein fairen Preis zu zahlen. Also möglichst gut zu essen, Spaß dabei zu haben, in vollen Zügen zu genießen. Es ist eine politische Tat, die aber zum Glück eines guten Lebens beiträgt. Diesen Hedonismus sollten wir uns so oft als möglich gönnen, auch um gegen diese heutigen desaströsen Ernährungsweisen anzugehen.
Es mag durchaus noch „utopisch sein". Doch solche Bücher machen deutlich, dass viele Menschen auf einem gemeinsamen Weg sind. Es wird noch dauern, aber der Wandel hat schon eingesetzt. Jeder ist aufgerufen, sich im Interesse des eigenen guten Lebens zu beteiligen. Der Wert des wichtigen Buches liegt darin, zentrale Grundlagen, Informationen zu vermitteln, diese zu einer kohärenten Philosophie zu vereinigen und am Ende praktikable Lösungswege vorzuschlagen.