Die äußerst ansprechende Gestaltung des Covers und der rätselhafte Titel verlocken den interessierten Gastrosophen schnell, einen Blick ins Innere des Buches zu werfen. Der purpurrote, glänzende Stoffeinband und das Titelmotiv eines Tisches in einer traditionell-chinesischen Darstellung ebenso wie das ungewöhnliche, längliche Format sorgen für aufmerksamkeitsweckende Abwechslung im Bücherregal. Der Begriff „Kulinarium" im Untertitel verspricht dem Leser, mehr als nur ein weiteres, wenig originelles Kochbuch voll von den immer gleichen Rezepten vor sich zu haben.
Tatsächlich bietet Buddha sprang über die Mauer so einiges, von unterschiedlichen Hintergrundinformationen über chinesische Koch- und Esskultur bis hin zu kulturellen Vergleichen und ausgefallenen Rezepten aus den verschiedenen kulinarischen Regionen Chinas. Die Einleitung klärt den Leser über die Provinzen Chinas und ihre jeweiligen Spezialitäten und Vorlieben auf. So erfährt man, wo lieber Reis und wo Nudeln, wo lieber scharf oder mild gegessen wird, wo man gerne Soßen mag, Teigtaschen oder Fleischbällchen, ob in Luxusrestaurants oder auf der Straße gegessen wird und was es mit den legendären Palastessen auf sich hat.
Man lernt beispielsweise, dass auch im Reich der Mitte ein Trend hin zu saisonaler und regionaler Kost stattfindet, dass die traditionelle Speise der Mönche grundsätzlich vegan und leicht ist und dass bei einem Gastmahl traditionsgemäß doppelt so viel aufgetischt wird, wie verzehrt werden kann, um dem Gast Respekt zu erweisen. Ein Unterkapitel beschäftigt sich mit der Traditionellen Chinesischen Medizin und ihrer Wirkung, ebenso informieren Kapitel über die Kunst, ein Geschäftsessen zu gestalten, sowie über chinesische Feiertage und die dazugehörigen Festessen.
Kurz gesagt, Buddha sprang über die Mauer bietet einen kompakten Überblick über die kulinarischen Besonderheiten Chinas. Bedauerlicherweise ist jedoch die Sprache der Autorin allzu nüchtern, ihr Ausdruck langweilig, ihr Ton unaufgeregt. Falls sie eine Begeisterung für die Küche und Traditionen ihres Landes verspürt, ist sie für den Leser nicht greifbar. Was hier schmerzlich vermisst wird, sind geschickte Überleitungen zwischen den unterschiedlichen Abschnitten, die eine oder andere Prise Humor oder lediglich etwas Leichtigkeit und Anekdoten zum Auflockern und Versinnbildlichen von Information. Die begeisterungslose Sprache der Autorin macht das gut gemeinte Buch zu einer wahren Herausforderung für die Fortsetzung des Lesewillens. Nicht selten ist Zhangs Sprachgebrauch auch unklar bis missverständlich.
Die ausgewählten Rezepte im zweiten Teil von Buddha sprang über die Mauer lesen sich oft durchaus reizvoll, bei näherem Hinsehen aber stellen sich die vorgestellten Gerichte aufgrund ihrer exotischen Zutaten oftmals als nicht praktikabel heraus. In Europa dürfte es außerhalb von Großstädten mit gut sortierten Asiashops schwierig sein, eine bestimmte Art Meerschnecken oder gar Haifischlippen zu erstehen. Darüber hinaus könnten einige Ingredienzien auf einen europäischen Hobbykoch durchaus abstoßend wirken; persönlich erscheint mir die Idee von rohem Krebsfett - als Dip zu verwenden - und getrockneter Seegurke wenig appetitanregend.
Zu guter Letzt ist dem Buch der brauchbare Anhang mit einem Küchenglossar, einer chinesischen Zeittafel zur Orientierung und einem alphabetischen Verzeichnis der vorgestellten Rezepte zugutezuhalten.