Greenbox - in Anlehnung an die momentan voll im Trend liegenden Gemüsekisten - ist das neueste Werk von Kochbullen und TV-Koch Tim Mälzer. Das Buchcover ist einladend poppig gestaltet, blättert man jedoch weiter lässt das pure Chaos grüßen.
Der momentane Ernährungstrend entwickelt sich zielstrebig in Richtung gesunde, vorwiegend vegetarische Küche. Das macht sich unverkennbar auch auf dem Kochbuchmarkt bemerkbar. Überall scheinen Ratgeber und Rezeptsammlungen für eine fleischlose Kost auf interessierte Abnehmer zu warten. Jeder, der es sich leisten kann und/oder will bestellt sein ganz persönliches „Biogemüsekisten-Abo" zu sich nach Hause.
Dem fleischlosen Trend konnte sich auch TV-Koch und Kochbulle Tim Mälzer, der seinen Verlag aufgrund seiner großen Fangemeinde stets auf gute Verkaufszahlen hoffen lässt, nicht entziehen und brachte mit seinem neuestes Werk „Greenbox" ein weiteres vegetarisches Kochbuch auf den ohnehin schon völlig überschwemmten Markt. Den Autor scheint bei diesem Werk der Übermut gepackt zu haben. Das Buch ist gespickt von nazistischen Selbstzitaten, auf beinahe jeder Seite ein „Yeah" und selbstverständlich hat alles „Wumms". Mälzer macht jedes Gericht zur Sensation. Dabei darf auch eine Briese Vulgarität nicht fehlen, so prophezeit er, dass die Gäste beim Genuss seiner Gerichte ausflippen und ihnen „vor Freude die Fresse explodiert".
Mälzer gesteht jedoch, dass sich die Umsetzung für ihn und sein Team gar nicht so einfach gestaltete: „Als Köche waren wir es gewohnt, Rezepte von Fisch und Fleisch ausgehend zu konzipieren, wir mussten gründlich umdenken." Herausgekommen ist dabei ein flippiges Werk, das dem Zeitgeist entspricht. Beim Durchblättern ereilt einem das Gefühl, Mälzer nähert sich der Materie eher von außen, er scheint keine bestimmte kulinarische Philosophie zu verfolgen. Diese Annahme bestätigt sich in Mälzers Anmerkung, er habe „Berge von Gemüse und Früchten gekauft und einfach losgelegt." Das erklärt auch die offensichtliche Konzeptlosigkeit, die sich durch das gesamte Buch zieht. Sowohl bei der Abfolge der Rezepte als auch dem Layout lässt das Chaos grüßen. Beispielsweise folgen auf eine doppelseitige Erläuterung zu Tofu und Tempeh im gesamten Kochbuch gerade mal zwei Tofu- und ein Tempehrezept (!), wobei gedämpfter Tofu mit Möhrenbutter einen Vegetarier wenig überraschen wird. Generell scheint wenig nach System zu laufen. Der Aufbau ist völlig irrational. Auf ein Rezept für grünes Ratatouille folgt eines für Pilzrisotto, darauf Schwarzwurzeln à la creme. Oftmals werden die geläufigsten Gemüsesorten auf einer Doppelseite für einen kurzen Moment in den Mittelpunkt gestellt, wie beispielsweise „3x Pesto" oder „3x Mais" („gebratener Mais, Salt´n Pepper Mais sowie Mais-Kokos-Suppe"). Es wird jedoch nichts Neues, Spannendes gebracht, was einen langjährigen Vegetarier begeistern könnte. Ebenso einfallslos sind die Kartoffelrezepte: Bratkartoffel, Kartoffelpüree, Kartoffelsalat sowie Tex-Mex-Kartoffel (also Kartoffelwedges) zeugen nicht gerade von Einfallsreichtum und Kreativität am Herd.
Zwischen den Rezepten eingestreut findet man auf Doppelseiten „Infos" rund um saisonale Nutzung von Gemüse, Molkereiprodukte, Reispapier & Co, Kräuter, flüssiges Gemüse (gemeint sind Fonds), Öle, Räuchern u.v.m. Bemerkenswert ist die sechsfache Gliederung des Inhalts in Register: alphabetisch, saisonal, einfache Küche, "wenn es schnell gehen muss" sowie ein Register für Rezepte, welche man seinen Gästen offeriert. Diese "Gliederung" erleichtert jedoch das Auffinden der wahllos zusammengestellten Rezeptfolge in keinster Weise. Sogar das Nachschlagen im an sich logischen alphabetischen Register wird zur Challenge. Beim Buchstaben T findet man zwar Tofu-Sprossensalat, jedoch nicht jenes für Seidentofu oder Tempeh. Da muss man sich in der Spalte S (Seidentofu) bzw. unter A (Asiaradieschen mit krossem Tempeh) schlau machen. Klingt logisch? Wo würden Sie nachschlagen, wenn sie Tofu bzw. Tempeh suchen?
Mälzer meint zu seinen Gerichten: „Da explodiert der Gaumen vor Glück, so viel Geschmack ist da drin". Ein Problem bei der praktischen Umsetzung zu Hause könnte sein, dass die Qualität des in spanischen Glashäusern auf Styropor und Zellwolle hochgezüchteten Gemüses, welche bei deutschen und österreichischen Diskontern angeboten wird, niemals die Aromen beinhalten von denen Hr. Mälzer schreibt. Bei vielen Hobbyköchen, besonders jene die gemeinhin als „alternativ" bezeichnet werden, ist der Geldbeutel nicht so gut bestückt, um sich täglich auf dem Biomarkt mit frischen Zutaten einzudecken bzw. sich die momentan so en voguen „Biogemüse Kisten" nach Hause liefern zu lassen.
Für „eingefleischte" Vegetarier - darf man das so schreiben? - wird das Buch wenig Neues bringen. Für vegetarische „Neueinsteiger" sind die großteils sehr einfach gehaltenen Rezepte sicher eine Quelle für Ideen und laden zum Ausprobieren ein. Ob sich jedoch das versprochene kulinarische Geschmacksfeuerwerk einstellt, sei dahin gestellt und obliegt den jeweiligen Kochkünsten.