„Zu Tisch mit der Weltgeschichte" scheint das Motto Pokornys ihres für den Schulgebrauch empfohlenen „Kochgeschichts-" oder „Geschichtskochbuches" zu sein. Vom Steinzeitbrot reicht das Angebot bis zu heutigen Ernährungsphänomenen, wie Haubenküche bzw. Fast Food. In einem kultur-, sozial-, und wirtschaftsgeschichtlichen Aufriss führt Pokorny in die anthropologischen Bedeutungsgehalte von Ernährung, ästhetischem wie religiösem Anspruch daran und die grundlegenden Sammel-, Anbau- wie Konsumeigenschaften von jeweils historischen Kulturen ein. Sie sieht in den Rezepten Spiegel ihrer Zeit und weist daher auf die Vermittlung der notwendigen historischen Tiefe derselben hin, da eben aus den Kochbüchern mehr als nur Kolonnen von Rezepten herauszulesen sind. Eingeladen wird zu einem „Abenteuer Kochen", das sich durch die Mahlzeiten der Geschichte durchprobiert. Für den Unterricht an höheren Schulen approbiert will dieses kombinierte Text- wie Arbeitsbuch sowohl Lehrinhalte vermitteln, als auch durch zahlreiche Rezeptbeispiele und Zubereitungsempfehlungen zur Praxis anregen. Diese mögen beim schottischen Porridge oder dem altägyptischen Fladenbrot ohne größeren Aufwand nachzubereiten sein, doch wird mit dem Lauf der Zeit die Zubereitung immer komplexer. Die Auswahl ist jedoch zu begrüßen, zeigt sie doch eine relativ breite Palette an Speisen, ob Suppe, Pastete, Wildbret, Fisch, u.v.a.m. Spezifika kommen dabei gut zum Ausdruck, etwa einige traditionellen Rezepte des Apicius, Fastenspeisen der mittelalterlichen Mönche, die bürgerliche Küche des Biedermeier oder die Mehlspeisenküche am Wiener Hof. An manchen Stellen ist der Quellenursprung vermerkt, oft bleibt man jedoch im Ungewissen. Rezepte von Philippine Welser, Pierre la Varenne oder Katharina Prato scheinen auf und die Bedeutung ihrer Autoren finden teilweise Erwähnung. Die Kategorie des Kochbuches wird oft verwendet - und etwa anhand einiger bekannter Exemplare aus dem Mittelalter auch als Quelle an sich betrachtet - und nicht nur als Reservoir für Rezepte ausgebeutet. Sinnvoll ergänzt werden die „mageren" Jahre des I Weltkrieges präsentiert, wo anhand eines textlich auszugsweise vorgestellten „Kriegskochbuches" die Vorschläge zum Nachkochen besser eingeordnet werden können. Eine Auflockerung der starren Abfolge von thematischem und praktischem Bereich, von Ernährungsgeschichte und Kochvorschlägen findet durch einige Bonmots statt: Umberto Eco darf etwas zur mittelalterlichen Küche sagen, mit Casanova, Goethe und Mozart geht man essen und erfährt etwas vom Gesinnungswandel Gioacchino Rossinis. Manches scheint allerdings entbehrlich bzw. fehl am Platze. Sind zwar die zum Zwecke der zeitlichen Orientierung angeführten ereignisgeschichtlichen Jahresspalten durchaus als Hilfsgerüst zu begrüßen, wundern die verhältnismäßig weitschweifigen Ausführungen zur politischen Geschichte der Revolution 1848 oder zum Leben Kaiser Franz Josephs und seiner Frau Elisabeth. Desgleichen verhält es sich mit dem bildlichen Aufzeigen elektronischer Küchengeräte, als ob man noch nie einen Geschirrspüler oder Kühlschrank gesehen hätte, oder dem Vorstellen von Hot Dog und Cheeseburger. Die Bebilderung ist allgemein an so mancher Stelle kritikwürdig, wenn etwa Arbeiterhäuser der Kruppwerke aufgezeichnet sind, eine französische Edeldame neben Ludwig XIV stolziert oder eine quellentechnisch vollkommen unbelegte Zeichnung mit dem Titel: „Die kaiserliche Küche". Der Platz, den viele wenig aussagekräftige Radierungen beanspruchten hätte durchaus besser genutzt werden können, etwa durch weitere Zusatzinhalte oder die Anbringung gezielter, weiterführender Fragestellungen, die gerade für ein Schulbuch mitnichten fehlgehen können. Der aktuellen Haubenküche, der das Schlusskapitel gewidmet ist, versucht man lediglich durch reichhaltige Rezepte gerecht zu werden. Die ansonsten meist sehr präzis geführten kulturgeschichtlichen Querverweise bleiben hierbei aus. Pokornys Bemühen im Gesamten ist jedoch zugute zu halten, dass sie ein möglichst umfangreiches Bild zu geben versucht, indem sie dem Phänomen des Kochens wie der Küche generell ein differenziertes Gesicht zu geben versucht, das dem Schulgebrauch durchaus sehr dienlich sein kann.