Am 28. Oktober ertönte barocke Tafelmusik aus dem Kavalierhaus Klessheim. Der Anlass dafür war ein extravagantes Barockfest mit Musik und kulinarischen Köstlichkeiten aus der Barockzeit, welches das Zentrum für Gastrosophie in Kooperation mit der Universität Mozarteum und den Tourismusschulen Klessheim veranstaltete.
Nach langen Vorbereitungs- und Planungsarbeiten wurde die Idee, die Barockzeit für einen besonderen Abend wiederaufleben zu lassen, in die Tat umgesetzt. Zuvor galt es aber noch für das Team des Zentrums für Gastrosophie, aus vielen hunderten Rezepten ein passendes und vor allem für rund 100 Gäste umsetzbares Menü auszuwählen, anschließend mit Mag. Helmut Göschl, Direktor des Kavalierhauses, die Location vor Ort zu begutachten und einen genauen Ablaufplan zu erarbeiten.
Die ausgewählten Gerichte stammen zur Gänze aus verschiedenen barocken Kochbuchhandschriften die in den letzten Jahren von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Zentrums für Gastrosophie in mühevoller Kleinarbeit transkribiert und analysiert wurden. Die meisten dieser Rezepte sind in den Publikationen der Schriftenreihe „Gastrosophische Bibliothek" erhältlich.
Die Klasse 3TD mit ihren Praxislehrern Thomas Grininger (Küche) und Roland Vitzthum (Service) von den Tourismusschulen (Direktor Dr. Franz Heffeter und Fachvorstand Mag. Franz Wachter) setzten die Rezepte fachkundig um. Ergänzend zum Praxisunterricht wurden den Schülerinnen und Schülern in einem Workshop die charakteristischen Merkmale der Barockzeit auch theoretisch nähergebracht.
Die etwa von 1570 bis 1770 angesetzte Periode zwischen Renaissance und Klassizismus war unter anderem geprägt von Reformation und Gegenreformation und absolutistischen Herrschaftsformen. Bedeutende Begriffe waren das „Memento mori" („Gedenken an die Sterblichkeit") und das „Vanitas-Motiv" (Vergänglichkeit) in Kontrast zum „Carpe diem" („Nütze den Tag"). Aufgrund der stetigen Kriegswirren, Seuchen, Ernteausfälle und damit einhergehenden Hungersnöten war der Tod für die Menschen dieser Zeit allgegenwärtig, was sich auch in ihrer Lebensweise ausdrückte. In der Malerei fand dies in unzähligen Stillleben seinen Ausdruck. „Momento mori" und „Vanitas" wurden durch verschiedenste Symbole, wie angeschnittenen Pasteten und Zitronen, die durch ihre Konsumation die Vergänglichkeit darstellten, ausgedrückt. Prunk und Reichtum der adeligen Gesellschaft wurde auf den Gemälden durch exotische Früchten, Speisen und Tiere repräsentiert.
Ein zweites bedeutendes Element spiegelte sich vor allem in Kunst und Architektur wieder. Man versuchte, die Grenzen zwischen den Kunstgattungen, der Architektur und der Malerei zu verwischen, bevorzugte geschwungene, konkave Formen, die aber stets symmetrisch angelegt waren. Architektonische Beispiele dafür findet man in den vom französischen „Sonnenkönig" Ludwig XIV. konzipierten Gartenanlagen von Versailles oder in der Schlossanlage in Karlsruhe. Die Symmetrie spiegelte sich desgleichen in der Tischkultur bzw. auf der Tafel der Fürstenhöfe jener Zeit wieder. Die Speisen wurden damals in so genannten „Trachten" nach den Regeln des „Service à la francaise" aufgetragen, bei dem alle Speisen eines Diners, auch Pikantes und Süßes, gleichzeitig auf den Tisch gestellt wurden und sich der Gast nach Lust und Laune selbst bedienen konnte.
Nach einer theoretischen Einführung probierte die Kochgruppe der 3DT in mehreren Versuchen die Rezepte mit Unterstützung von Mitarbeitern der Gastrosophie aus. Auch für Thomas Grininger, den Kochlehrer der Klasse, war dies eine völlig neue Erfahrung, da die Originalrezepte kaum Mengen- und Zeitangaben enthalten und es zudem galt, mit den modernen Küchengeräten zu arbeiten. Bei jedem Gericht wurde akribisch genau notiert, wie viel von jeder Zutat verwendet und wie lange etwas gegart wurde, um ein optimales Ergebnis zu erhalten. Fast alle der geplanten Speisen wurden bei der Verkostung sowohl von Thomas Grininger als auch von Franz Wachter als vorzüglich und somit für den großen Abend als tauglich befunden. Einzig bei den Süßspeisen musste noch etwas nachjustiert werden, um das bestmögliche Ergebnis zu präsentieren. Parallel dazu stimmte Servierlehrer Roland Vitzthum den zweiten Teil der Klasse auf die barocke Art des Servierens ein. Die Gerichte der einzelnen Gänge bzw. „Trachten" wurden, wie es im Barock üblich war, auf zahlreichen Tellern und kleinen Schüsseln angerichtet. Im Servieren wurde ein besonderes Augenmerk auf das synchrone und symmetrische Einstellen der Speisen gelegt, das die Schülerinnen und Schüler unter fachkundiger Anleitung von Herrn Vitzthum akribisch einstudierten. Bedienen durften sich die Gäste an der Tafel nach barockem Vorbild selbst.
Die musikalische Umrahmung des Abends gestaltete ein Streichquartett von Studierenden der Universität Mozarteum. Die qualitativ stets hochwertig komponierte Tafelmusik erklang während des Speisens und sollte zu geistig ebenso hochstehenden Gesprächen anregen. Zur Untermalung des Barockfests wählte Michael Malkiewicz Werke von Wolfgang Mozart, Georg Philipp Telemann, Nicola Matteis, Thomas Simpson und Georg Muffat aus, welche von Marcin Osiak und Vera Otasek (jeweils Barockvioline), Marko Milenkovic (Barockviola) und Verena Laxgang (Barockcello) stimmungsvoll vorgetragen wurden.
Der bekannte Salzburger Schauspieler Werner Friedl führte die Gäste als kostümierter Zeremonienmeister durch den Abend und erheiterte die Besucher mit zahlreichen Anekdoten. Dabei kam es auch zu einer Gegenüberstellung der aktuellen Kochausbildung mit derjenigen des 17. Jahrhunderts. Eigentlich unterscheiden sie sich in ihren Grundzügen nicht wesentlich. Einzig die opulente körperliche Statur, die Conrad Hagger im Vorwort seines „Saltzburgischen Kochbuchs" (1718/19) einem Barockkoch zusprach, konnte der sportliche Thomas Grininger nicht gänzlich erfüllen.
Dafür beeindruckte er umso mehr mit seinem Enthusiasmus, mit dem er an die teilweise schwierig zu verstehenden barocken Rezepte heranging. Aber auch Grininger meinte, dass „wenn man sich erst einmal eingelesen hat, vieles möglich ist." Die Rezepte erfordern aufgrund der ungenauen oder fehlenden Mengen- und Zeitangaben große Flexibilität bei der Umsetzung.
Insgesamt zeigten sich die etwa 100 geladene Gäste aus den beiden Salzburger Universitäten, den Tourismusschulen des Landes Salzburg, sowie aus Politik und Wirtschaft von dem ausgefallenen Menü begeistert, bei dem u. a. nicht weniger als 170 Eier benötigt wurden.
Als erste „Tracht" wurde eine „Arbes Suppen" mit „Henen khnödl" und „Eyer Knödlein", eine Erbsensuppe mit Hühnerfarce- und Eierknödel als Einlagen serviert. In der zweiten „Tracht" wurden die Gäste mit einer „Püsen dorten", weiters mit „Kalb= und Lamm= Fleisch in die Pasteten", mit „Weunsuppen", „Gebachenen Reisch", „Spinat Nudel" und „Khösten", also Fleischpasteten und Pilzquiche mit Weißweinsauce, Reiskroketten, Spinatknödel und Maroni in Orangensauce verwöhnt. Als süßer Abschluss wurde „Spanisch Weixl Muess", „Mohcacener dorten", „Guette honnig lekherl", „Candiertes Zuckerwerch" und „Confekt von Zimmet", also ein Weichselauflauf mit Weichselsauce, Mandelmakronen, Honiglebkuchen, Karamell-Zimt Bonbons und kandierte Orangenschalen gereicht. Begleitet wurden die „Trachten" von auserlesenen österreichischen Weinen, Sekt und Bier, die großzügig vom Österreichischen Weinmarketing, Wein Burgenland und der Brauerei Stiegl zur Verfügung gestellt wurden.
Abschließend ist festzustellen, dass dieser Abend für alle Beteiligten ein voller Erfolg sowie eine tolle Erfahrung war. Die begeisterten Gäste trugen die zauberhafte barocke Stimmung nach außen. Das Team vom Zentrum für Gastrosophie bedankt sich bei allen Mitwirkenden und besonders bei den Sponsoren Österreichisches Weinmarketing, Stiegl Salzburg, Hotel Amadeus Gruppe Salzburg und der Universität Mozarteum Salzburg, die diesen Abend überhaupt erst möglich machten, aufs Herzlichste!