Wie bereits im Titel hervorgehoben, haben es sich die Herausgeber zur Aufgabe gemacht, die regionale Küche von Castelló de la Pana, eine der drei Provinzen der autonomen Region Valencia an der Ostküste Spaniens, nicht nur als Rezeptsammlung zu präsentieren, sondern sie in den Kontext ihrer Tradition und der damit verbundenen Geschichten zu stellen.
Das insgesamt 36 Kapitel umfassende Werk gliedert sich in zwei Teile. Der erste, fünf Kapitel umfassende kulturhistorische Teil gibt einerseits einen fundierten Einblick in die Verbindung des Essens mit dem Jahreskreis sowie der sich parallel dazu entwickelnden Festkultur, wie z.B. die unterschiedlichen Patronatsfeste, die durch ihr Zusammenfallen mit einem bestimmten Ernteabschluss jeweils mit besonderen Gerichten verbunden sind. Andrerseits wird aufgezeigt, wie sich die Esskultur veränderte, die Tischsitten (z.B. furzen und rülpsen bei Tisch), die Küchentradition und den damit verbundenen Wandel bis in die heutige Zeit (z.B. keine mit Holzfeuer betriebene Herdstelle mehr, Veränderung der Kochgefäße), woraus hervorgeht, dass gewisse Veränderungen der Kochkultur bestimmte, traditionelle Geschmacksrichtungen nicht mehr erzielen können.
Die darauf folgenden Ausführungen bilden den umfangreichen, insgesamt 730 Rezepte umfassenden Hauptteil. In der Einführung betont Joan Agustí i Vicent, dass durch diesen wissenschaftlich fundierten und seriös erarbeiteten Überblick zur Küche von Castelló de la Plana eine Vielzahl regionaler Rezepte in den Kontext ihrer historischen Herkunft sowie Herstellungs- und Verarbeitungstradition gestellt und viele der darin enthaltenen Rezepte aufgenommen wurden, um sie vor der Vergessenheit zu bewahren.
Der umfangreiche Rezeptteil gliedert sich in 31 ganz unterschiedliche Kapitel. Jedem Kapitel wird eine kurze Einleitung vorangestellt, in der teilweise unter Rückgriff auf historische Werke (z.B. Diego Granado: El libro del arte de cocina, 1614) auf die Bedeutung der einzelnen Lebensmittel in der Region, auf ihre Zubereitungsart oder ihre Verwendung in früherer Zeit eingegangen wird, wie z.B. der Hinweis des Historikers José Sánchez Adell: (Castellón de la Plana en la Baja Edad Media. La población y sus elementos, 1982), dass bereits in den Büchern des Mittelalters für die Region von Castelló de la Plana der Beruf des Gemüsebauers aufscheint, ein Beweis für die Bedeutung des Gemüses in der Küche der damaligen Zeit.
Die Mehrzahl der Kapitel richtet sich nach dem Hauptbestandteil des Gerichts, wie z.B. Eier, Gemüse, Muscheln, Fische und Meeresfrüchte, Reis, Nudeln, Getreide, Fleischspeisen, andere wiederum nach der Zubereitungsart, wie z.B. Suppen, Soßen, Püree, Eingelegtes, Rouladen, Eintöpfen, Aufläufe. Daneben gibt es aber auch Kapitel, die Rezepte unter dem Aspekt ihrer Bedeutung innerhalb des Lebens und der Festtraditionen der Region auflisten, wie z.B. Hochzeitsessen, Fleisch von Stalltieren, Tierschlachtung, Jagd oder auch die Bedeutung des Stiers in der Festkultur und Gastronomie.
Zwei Kapitel beinhalten keine Rezepte sondern nur eine Darstellung der Bedeutung des jeweiligen Lebensmittels. Im Kapitel 16 wird die Bedeutung von Früchten in der regionalen Küche hervorgehoben, deren Kultivierung schon auf die Zeit der Iberer, Griechen und Römer zurückgeht. So verwies z.B. Plinius der Ältere darauf, dass es 38 verschiedene Birnensorten gibt. In vielen Rezepten findet sich bereits im Titel der Hinweis darauf, dass Früchte (frisch oder getrocknet) verwendet werden, wie z.B. Seezunge mit Pinienkernen und Rosinen (Llenguado amb pinyons y panses), Lammeintopf mit Birnen (Guisat de corder amb peres) oder Apfelreis (Arrós amb poma).
Das Kapitel 21 beschäftigt sich mit der Milch und den verschiedenen Käsesorten und ihrer unterschiedlichen Zubereitungsart als Frisch- oder Hartkäse. Besonders hervorgehoben wird dabei, dass sowohl die Milch (Kuh-, Schaf- oder Ziegenmilch) und die daraus hergestellten Käse dank der früh erfolgten Domestizierung der Säugetiere von großer Bedeutung für alle Bevölkerungsschichten waren, entweder nur als Nahrungsmittel oder auch als Handelsware. Der ältesten Beleg über eine der Käsesorten der Region findet sich im Kochbuch von Rupert de Nola (Llibre del coc, 15.Jahrhundert), mit einem Rezept zur Herstellung des Käses von Tronchón (formatge de Tronchón), der von vielen Hirten der Region aus roher Ziegen- und Schafmilch hergestellt wurde und der sogar im Don Quijote als Käsesorte erwähnt wird.
Abschließende Kapitel sind sowohl der Herstellung alkoholischer Getränke (regionale Weine, Liköre, Schnäpse) als auch nichtalkoholischer Getränke gewidmet, sowie der Zubereitung von Desserts, Süßigkeiten und Kuchen, Marzipan und Nougat.
Im 36.Kapitel findet sich als Abschluss dieser kulturgeschichtlichen Darstellung ein Einblick in die Bedeutung des Waschtags seit dem Mittelalter mit drei Rezepten zur Herstellung von Seife und einem Rezept für ein Poliermittel für Bronze, vergoldete oder versilberte Metalle.
Ergänzt wird das Werk durch eine umfangreiche Bibliographie sowie einen alphabetischen Index, der das Zurechtfinden bei der Vielzahl an Rezepten sehr erleichtert.
Abgerundet wird der, auf Hochglanzpapier gedruckte Band im Großformat durch eine Reihe hochwertiger, farbiger Bilder sowohl im kulturgeschichtlichen ersten Teil als auch im nachfolgenden Rezeptteil.
Dieses in Zusammenarbeit mit der Universität Jaume I und der Hotel- und Tourismusfachschule von Castelló de la Plana herausgegebene Werk ist für den kulturell interessierten Leser und für den Koch, sowohl optisch als auch inhaltlich, sehr ansprechend und geht durch die fundierte, wissenschaftliche Aufarbeitung der unterschiedlichsten Aspekte der Küchengeschichte und Esskultur sowie die Vielzahl der Rezepte über ein traditionelles Kochbuch weit hinaus.